Ab Juli wird der Besuch der beliebtesten griechischen Inseln für Kreuzfahrtpassagiere teurer. Mit einer neu eingeführten Abgabe reagiert Griechenland auf die wachsende Belastung durch den Massentourismus.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos
Aktuell – Jeden Morgen dasselbe Bild: Majestätisch gleiten die Ozeanriesen vor die Küsten von Mykonos und Santorini, werfen Anker – und spucken tausende Besucher auf einmal aus. Für viele Bewohner der Kykladen ist dieser Anblick längst zur Routine geworden – und zur Belastung. Nun zieht die griechische Regierung die Notbremse.
Ab dem 1. Juli 2025 müssen Passagiere, die auf griechischem Boden von einem Kreuzfahrtschiff an Land gehen, eine gestaffelte Gebühr zahlen. Die sogenannte „Ankunftsabgabe“ soll helfen, die Touristenströme zu regulieren und gleichzeitig Geld für die überstrapazierte Infrastruktur zu generieren. Besonders teuer wird es auf den beiden Tourismusmagneten Santorini und Mykonos: In der Hochsaison von Juni bis September werden dort 20 Euro pro Person fällig. In der Nebensaison sinkt der Betrag, im Winter beträgt die Abgabe nur noch vier Euro. Für andere griechische Inseln liegt die Gebühr zwischen einem und fünf Euro – je nach Reisezeitraum. Wer also außerhalb der Hauptmonate reist, kommt günstiger davon und tut gleichzeitig etwas für die Entzerrung des Touristenansturms.
Die Kreuzfahrtindustrie boomt: 2024 zählte Griechenland fast 5.500 Schiffsanläufe – so viele wie nie zuvor. Besonders Santorini und Mykonos leiden unter dem Andrang. Allein auf Santorini waren es im vergangenen Jahr 1,35 Millionen Kreuzfahrtgäste. In der Altstadt drängen sich zur Mittagszeit Gruppen dicht an dicht durch Gassen, die ursprünglich für Esel und Einheimische gedacht waren.
Viele Tavernenbesitzer und Souvenirverkäufer profitieren von dem Geschäft, doch nicht alle ziehen Gewinn daraus. „Sie kommen, machen Fotos, kaufen eine Magnetfigur – und sind wieder weg“, sagt eine Bewohnerin von Oia, dem bekannten Fotospot auf Santorini. „Aber sie nutzen unsere Toiletten, hinterlassen Müll und stehen mit ihren Selfiesticks auf unseren Dächern.“
Die Einnahmen aus dem Kreuzfahrttourismus sind enorm: Über eine Milliarde Euro sollen Kreuzfahrtgäste dem Land 2024 eingebracht haben. Doch der wirtschaftliche Nutzen ist ungleich verteilt. Während große Reedereien am Verkauf der Ausflüge verdienen, kommen viele lokale Dienstleister kaum zum Zug. Und die Umwelt- und Infrastrukturschäden tragen die Inseln.
Der geplante Einsatz der neuen Einnahmen für den Ausbau der Häfen, bessere Verkehrsregelungen und die Erhaltung des kulturellen Erbes könnte ein Schritt in Richtung nachhaltiger Tourismus sein. Kritiker warnen allerdings, dass es nicht bei Ankündigungen bleiben dürfe. „Es ist entscheidend, dass diese Mittel tatsächlich bei den Gemeinden ankommen“, fordern Vertreter der Inselverwaltungen. Auf den Inseln ist der Wunsch nach Rücksichtnahme unüberhörbar. Immer mehr Privatleute hängen Schilder an ihre Grundstücke mit der Aufschrift „Dies ist unser Zuhause, nicht Ihre Kulisse“. Für viele ist der Alltag mit den Tagestouristen zum Kraftakt geworden.
Die Eintrittsgebühr ist ein erster Versuch, die Balance zwischen Tourismus und Lebensqualität wiederherzustellen. Ob sie reicht – oder nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleibt –, wird sich in den kommenden Saisons zeigen. Fest steht: Der Sommer in der Ägäis wird nicht mehr ganz derselbe sein. (jk)
