Mahnmal in Nettetal-Lobberich: Ein Ort des Erinnerns

Neben der Alten Kirche in Nettetal-Lobberich steht ein Mahnmal, das an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnert.
Von HB-Redakteurin Ebru Ataman

Magazin – In Form eines aufgeschlagenen Buches aus Bronze gestaltet, trägt es die Namen von Familien, die einst Teil der Stadtgesellschaft waren und deren Leben durch das NS-Regime ausgelöscht wurde. Das Denkmal steht nicht nur für die Erinnerung an diese Menschen, sondern ist zugleich eine Mahnung an zukünftige Generationen, sich für Toleranz, Menschlichkeit und gegen jede Form der Diskriminierung einzusetzen.

Jedes Jahr am 27. Januar, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, versammeln sich Bürgerinnen und Bürger in der Alten Kirche, um an die Opfer zu erinnern. Die Gedenkfeier, die an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945 erinnert, ist ein fester Bestandteil der städtischen Erinnerungskultur. Besonders junge Menschen gestalten die Veranstaltung aktiv mit.

Die Namen auf dem Mahnmal erzählen von Einzelschicksalen, die eng mit der Geschichte Lobberichs verwoben sind. Familien wie Max und Martha Rosental, Sally und Mina Sanders mit ihren Kindern Egon und Edith oder Arthur und Thekla Zanders mit ihren Töchtern Ilse und Helga wurden während der NS-Zeit verfolgt und ermordet. Auch Otto und Johanna Zanders mit ihrem Sohn Bruno gehören zu den Opfern. Nur wenige, wie Walter Sanders, Sohn von Sally und Mina, überlebten die Verfolgung. Diese Namen stehen für viele weitere jüdische Bürgerinnen und Bürger, die einst in Nettetal lebten und deren Leben gewaltsam beendet wurde.

Doch Erinnerungskultur ist mehr als eine einmalige Veranstaltung im Jahr. Die Stadt Nettetal engagiert sich aktiv dafür, die Geschichte lebendig zu halten und jungen Menschen einen Zugang zur Vergangenheit zu ermöglichen. Das Mahnmal an der Alten Kirche bleibt somit ein zentrales Symbol der Erinnerung. Es fordert dazu auf, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und daraus Verantwortung für die Gegenwart zu übernehmen. Denn nur durch aktives Gedenken kann sichergestellt werden, dass sich solche Verbrechen niemals wiederholen.

Die nationalsozialistische Gewaltherrschaft forderte auch in Nettetal zahlreiche jüdische Opfer. Von den rund 200 jüdischen Einwohnern, die in den heutigen Stadtteilen Breyell, Hinsbeck, Kaldenkirchen, Leuth, Lobberich und Schaag lebten, kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg nur zwei Menschen aus den Konzentrationslagern zurück. Die Mehrheit wurde deportiert, ermordet oder floh ins Ausland.

Während der Novemberpogrome 1938 wurden die Synagogen in Breyell und Kaldenkirchen zerstört. In Breyell brannte die 1910 eingeweihte Synagoge vollständig nieder, in Kaldenkirchen wurde das Gotteshaus von SA-Männern verwüstet und unbenutzbar gemacht. Die jüdischen Gemeinden wurden systematisch entrechtet und schließlich ausgelöscht. Viele jüdische Familien aus Nettetal wurden in Ghettos und Konzentrationslager verschleppt. Ein Beispiel ist die Familie Sanders aus Kaldenkirchen: 1941 wurde sie in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert.

Zum Andenken an die Opfer wurden in Nettetal zahlreiche Stolpersteine verlegt. Diese kleinen Gedenktafeln im Pflaster erinnern an das Schicksal der jüdischen Mitbürger und halten ihre Namen im Stadtbild lebendig. Sie mahnen uns, die Erinnerung wachzuhalten und gegen das Vergessen anzukämpfen. (ea)

Foto: Hellas-Bote/Ebru Ataman