Oberbürgermeister Belit Onay hat eine frühkorinthische Kanne aus dem Sammlungsbestand des Museums August Kestner an die Hellenische Republik restituiert und an den Generalkonsul von Griechenland Ioannis Vikelidis überreicht.
Hannover/Aktuell – Ehe Oberbürgermeister Onay und Generalkonsul Vikelidis die offizielle Vereinbarung zur Restitution unterzeichnet haben, hat das städtische Oberhaupt an die Selbstverpflichtung der Stadt erinnert: „Wir werden unsere Forschungen zur NS-Vergangenheit unserer Stadt weiter vorantreiben und unsere Restitutionsbemühungen intensiv weiterverfolgen!“ Diese städtische Initiative lobend hat im Anschluss auch Olympia Vikatou, Generaldirektorin für die antiken Kulturgüter und das kulturelle Erbe Griechenlands im griechischen Kulturministerium in Athen, ihren Dank über die Restitution zum Ausdruck gebracht.
Dass die frühkorinthische Kanne als Kriegsbeute eines deutschen Wehrgeologen im besetzten Griechenland während des Zweiten Weltkriegs anzusehen ist, hatten Forschungsergebnisse ergeben. Nach deren Vorlage durch die Kulturverwaltung hat der Rat der Landeshauptstadt Hannover am 30. November 2023 positiv über die Restitution entschieden.
Dr. habil. Hannfrit Putzer war zwischen dem 15. Mai und dem 30. November 1943 als technischer Kriegsverwaltungsrat und Wehrgeologe in der Festungs-Pionier-Kommandantur II, als SS-Obersturmführer in der Reichsführung SS und als habilitierter Geologe der Reichsuniversität Straßburg in Griechenland tätig. Er machte geologische Untersuchungen und Bohrungen, vor allem auf dem Peloponnes, in der Attika und auf den Inseln Ägina, Kythera, Zante und Kephalonia. Wahrscheinlich ist, dass er die Kanne bei seiner Wasserbohrung am Isthmus von Korinth am 21. September 1943 fand. In jedem Fall wurde die Kanne von dem für die Wehrmacht arbeiteten deutschen Archäologen Prof. Dr. Gabriel Welter begutachtet und datiert. Anfang Dezember 1943 verschaffte Putzer sie außer Landes in seine Wohnung nach Straßburg-Königshofen.
Dieser Raub eines antiken Kulturguts in Griechenland war auch nach damals geltendem Völkerrecht ein Rechtsbruch. So untersagte das „Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs“, das sowohl vom Deutschen Kaiserreich als auch vom griechischen Königreich am 18. Oktober 1907 in Den Haag unterzeichnet wurde, ausdrücklich „jede Beschlagnahmung“ eines „geschichtlichen Denkmals oder von Werken der Kunst“ (Artikel 56). Nach § 7 der „Prinzipien der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden“ vom 3. Dezember 1998 ermunterte die Landeshauptstadt erstmals am 13. September 2021 die Generaldirektion für die antiken Kulturgüter und das kulturelle Erbe Griechenlands, Ansprüche auf dieses Kunstwerk zu erheben. Nachdem Interesse bekundet wurde, begann die Landeshauptstadt Hannover mit einer vertiefenden Provenienzforschung zu diesem Objekt. (opm)