Zwei Tote bei Schießerei auf Kreta – Polizei vermutet Familienfehde

Ein Dorf in Aufruhr: Auf der griechischen Insel Kreta ist es am frühen Samstagmorgen in der Ortschaft Vorizia zu einer schweren Schießerei gekommen, bei der zwei Menschen ums Leben kamen und mindestens zehn weitere verletzt wurden.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou

Aktuell – Nach Angaben der Polizei fielen in der kleinen Gemeinde am Fuße des Psiloritis-Gebirges mutmaßlich mehrere Tausend Schüsse. Augenzeugen berichteten, dass zahlreiche Gebäude und Fahrzeuge durch das Feuer beschädigt wurden.

Der Vorfall ereignete sich nur wenige Stunden nach einem Sprengstoffanschlag in derselben Gegend. In der Nacht zu Samstag war an einer Baustelle in Vorizia ein Sprengsatz explodiert und hatte erheblichen Sachschaden angerichtet. Offizielle Informationen zu den Tätern oder den Hintergründen lagen zunächst nicht vor. Ermittler prüfen, ob ein Zusammenhang zwischen der Explosion und dem späteren Feuergefecht besteht.

Nach übereinstimmenden Berichten griechischer Medien steht die Tat im Zusammenhang mit einer langjährigen Familienfehde. Mehrere lokale Nachrichtensender, darunter ERTnews, berichteten von zwei verfeindeten Familien, die in den Vorfällen eine Rolle spielen sollen. Es werde vermutet, dass die Schießerei eine Vergeltungsaktion für den nächtlichen Anschlag gewesen sein könnte.

Als die ersten Schüsse fielen, suchten Bewohner des Dorfes Schutz in ihren Häusern. Viele riefen verzweifelt die Polizei, doch Einsatzkräfte konnten das Dorf zunächst nicht betreten, da unklar war, aus welchen Richtungen geschossen wurde. Erst nach mehreren Stunden gelang es Spezialeinheiten, das Gebiet abzusichern und Häuser zu durchsuchen. Inzwischen ist das Dorf weiträumig abgesperrt.

Mehrere Verletzte wurden von Dorfbewohnern selbst in umliegende Krankenhäuser gebracht – teils mit privaten Autos, teils auf Traktoren. Erst nachdem die Sicherheitslage als ausreichend stabil eingeschätzt wurde, rückten Rettungswagen in das Gebiet vor. Die Polizei sprach von einer „außergewöhnlich gefährlichen Lage“.

Die Tat hat in ganz Griechenland für Bestürzung gesorgt. Auf Kreta kommt es immer wieder zu sogenannten „Vendettas“ – Fehden zwischen Familien, die teils über Generationen andauern. Solche Konflikte gehen auf traditionelle Vorstellungen von Ehre und Vergeltung zurück, die besonders in abgelegenen Regionen der Insel noch vereinzelt Bestand haben. Offiziell gelten diese Praktiken seit Jahrzehnten als überwunden, doch Vorfälle wie in Vorizia zeigen, dass sie in seltenen Fällen erneut aufflammen können.

Ermittler der griechischen Polizei haben inzwischen umfangreiche Untersuchungen eingeleitet. Es sollen ballistische Gutachten erstellt und Patronenhülsen ausgewertet werden, um den Ablauf der Tat zu rekonstruieren. Zudem werden Zeugen vernommen, um die genauen Umstände der Eskalation zu klären. Wie viele Menschen an der Schießerei beteiligt waren, ist bislang unklar. Einige Dorfbewohner sprachen von mehreren Bewaffneten, die mit Geländewagen und Jagdgewehren angerückt seien. Die Polizei prüft derzeit auch, ob illegale Waffen im Umlauf sind. Auf Kreta ist der Besitz solcher Gewehre, insbesondere in ländlichen Gebieten, keine Seltenheit.

Am Sonntagvormittag herrschte in Vorizia weiterhin eine angespannte Stimmung. Viele Bewohner zeigten sich schockiert über das Ausmaß der Gewalt. Die Ermittlungen dauern an. (mv)

Foto: Hellas-Bote