Wo Griechen Götter und Helden pflanzten – Die vergessene Geschichte von Strongoli

Im sanften Licht des Ionischen Meeres, an den Küsten Kalabriens, erhebt sich die Gemeinde Strongoli – ein stiller Hüter jahrtausendealter Geschichten und Spuren, die bis ins antike Griechenland zurückreichen. Was heute ein malerisches Dorf mit knapp 6.200 Einwohnern ist, war einst Teil eines weltgeschichtlich bedeutsamen Schauplatzes: Petelia, eine Siedlung mit tiefen griechischen Wurzeln und einem unbeugsamen Geist.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler

Reisen – Die Ursprünge der Region reichen nach griechischer Überlieferung bis ins Jahr 700 v. Chr. zurück, als der Held Philoktetes – Weggefährte des Odysseus – hier an Land ging. Die Siedlung Petelia wurde gegründet, später befestigt und geriet durch ihre strategische Lage in das Machtspiel zwischen Kroton und Thourioi – zwei bedeutenden griechischen Kolonien der Magna Graecia.

Petelia stand in engem Austausch mit Kroton, einer Stadt, die durch Pythagoras und ihre olympischen Sieger in der Antike Berühmtheit erlangte. Diese Verbindung zeugt von einer kulturellen Symbiose, in der griechische Philosophie, Kriegskunst und politische Ideen tief in das gesellschaftliche Gefüge eindrangen.

Die Stadt leistete heldenhaften Widerstand gegen Hannibals Truppen in den Punischen Kriegen und wurde für ihre Treue zu Rom mit Autonomie belohnt – ein Vermächtnis, das Parallelen zu Sagunto in Spanien aufzeigt, weshalb man Petelia auch das „zweite Sagunto“ nannte.

Doch die griechische Geschichte Strongolis endet nicht mit Petelia. Im 6. Jahrhundert n. Chr. war es der byzantinische Kaiser Justinian, der dem Ort zu neuem Glanz verhalf. Auf den Ruinen der alten Akropolis ließ er ein Schloss errichten, das in runder Form gebaut wurde – „strongylos“, griechisch für „rund“. Aus diesem architektonischen Erbe entwickelte sich der heutige Name Strongoli.

Die byzantinischen, normannischen und später staufischen Einflüsse überlagerten im Laufe der Jahrhunderte die griechischen Ursprünge – doch wer genau hinsieht, entdeckt sie noch heute: in den Namen, in den archäologischen Spuren, in den Geschichten, die von Generation zu Generation weitergetragen werden.

Strongoli ist damit nicht nur ein Ort der Geschichte, sondern ein lebendiges Zeugnis griechisch-römischer Identität im Herzen Süditaliens. Für Historiker, Archäologen und kulturinteressierte Reisende bietet sich hier ein faszinierender Mikrokosmos antiker Geschichte – abseits der großen touristischen Routen, doch nicht weniger bedeutend. (sk)

Foto: BURGENPARTY, CC BY-SA 4.0, wikimedia.org