Stein gewordene Gebete – Die Kirche des Propheten Elias

Zwischen den schmalen Gassen der Oberstadt von Thessaloniki, südlich der belebten Olimpiados-Straße, erhebt sich ein Bauwerk, das nicht nur Stein und Mörtel in sich trägt, sondern das Echo einer ganzen Epoche.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou

Geschichte/Reisen – Die Kirche des Propheten Elias – griechisch Ναός Προφήτη Ηλία – ist ein Monument byzantinischer Poesie, geboren in der Zeit der Paläologen, jener letzten kaiserlichen Dynastie von Byzanz, die zwischen 1259 und 1453 das Erbe des oströmischen Reiches hütete. Hier, wo die Stadt den Atem des Thermaischen Golfs spürt, verschmelzen Geschichte, Glaube und Kunst zu einem unvergleichlichen Zeugnis hellenischer Kultur.

Die Kirche, deren wahre Identität die Forscher bis heute bewegt, könnte einst das spirituelle Herz des Klosters Néa Moní gewesen sein oder zum ehrwürdigen Akapníou-Kloster gehört haben. Mit den Stürmen der Jahrhunderte wandelte sich auch ihr Schicksal: Aus dem christlichen Heiligtum wurde in osmanischer Zeit die Saraylı Camii, eine Moschee, die die Minarette des Islam über den Himmel Thessalonikis streckte. Erst viel später, im 20. Jahrhundert, erhielt sie die Bezeichnung, unter der wir sie heute kennen: Kirche des Propheten Elias. Zwischen 1956 und 1961 schließlich öffnete sich der Baukörper dem Atem der Moderne, als die gewaltigen äußeren Stützpfeiler entfernt wurden – ein Schritt, der alte Wunden freilegte und zugleich die byzantinische Formensprache wieder in voller Kraft sichtbar machte.

Das architektonische Antlitz der Kirche gleicht einer Melodie aus Stein. Eine überkuppelte Dreikonchenanlage, inspiriert vom Athostypus, breitet ihre Arme wie ein Gebet aus. Vier kleinere Kuppeln thronen über den Eckräumen, während die große zentrale Kuppel mit ihrem Durchmesser von 5,5 Metern wie ein Auge zum Himmel geöffnet bleibt. Die polygonalen Apsiden, gegliedert durch Fenster und Blendarkaden in zwei Etagen, tragen ein Echo Konstantinopels in sich – ein klarer Hinweis darauf, dass die Baumeister dieses Gotteshauses nicht allein aus der Tradition Thessalonikis schöpften, sondern die imperiale Hauptstadt selbst als Quelle ihrer Inspiration betrachteten.

Im Westen empfängt der Narthex den Besucher – ein fast quadratischer Raum, dessen Kreuzgewölbe auf vier Säulen ruht und in eine offene Halle mündet. Hier spürt man den Übergang vom weltlichen Rauschen der Straßen hinein in die Stille des Sakralen. Und wenn das Auge über die verbliebenen Fresken schweift, die fragmentarisch im Hauptraum und in den Kapellen überlebt haben, wird die Vergangenheit lebendig: Szenen aus dem Leben Jesu, Wunder Christi und das stille Antlitz der Heiligen, gemalt um das Jahr 1360, in einer Zeit, da Thessaloniki unter dem wechselvollen Schicksal des byzantinischen Reiches stand.

Seit 1988 erhebt sich die Kirche in den Reihen des UNESCO-Welterbes, ein strahlendes Glied in der Kette frühchristlicher und byzantinischer Bauten Thessalonikis. Hier, im Herzen Griechenlands, ist sie mehr als nur ein Bauwerk: Sie ist ein Gedächtnis, das von der Größe des byzantinischen Glaubens, von der Kraft griechischer Tradition und von der unvergänglichen Verbindung zwischen Himmel und Erde erzählt. Jeder Stein trägt Spuren jener Welt, in der Theologen, Kaiser und Mönche das Erbe Hellas mit dem Reich Gottes verbanden. (mv)

Foto: C messier, CC BY-SA 4.0, wikimedia.org