Kaunos: Ein Mythos zwischen Liebe, Flucht und der Gründung einer antiken Stadt

In der facettenreichen Welt der griechischen Mythologie erzählt die Geschichte von Kaunos und seiner Zwillingsschwester Byblis von unerfüllter Liebe, innerem Konflikt und dem Ursprung einer antiken Stadt.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos

Götter & Gelehrte – Kaunos, Sohn des Miletos, sah sich mit der unglücklichen Zuneigung seiner Schwester Byblis konfrontiert. Ihre verbotene Liebe trieb ihn zur Flucht aus seiner Heimat, eine Entscheidung, die nicht nur sein eigenes Schicksal, sondern auch das seiner Schwester tiefgreifend beeinflusste.

Byblis, überwältigt von ihren Gefühlen, verfolgte Kaunos durch weite Teile Griechenlands und Kleinasiens. Ihre verzweifelte Suche endete schließlich in Erschöpfung und tiefer Trauer, woraufhin sie sich in eine Quelle verwandelte. Diese tragische Metamorphose symbolisiert die Intensität unerfüllter Liebe und die Konsequenzen, die aus der Überschreitung gesellschaftlicher Normen entstehen können.

Kaunos hingegen ließ sich in der Region Karien nieder und gründete dort die nach ihm benannte Stadt Kaunos. Diese Stadt, die heute nahe dem türkischen Ort Dalyan liegt, entwickelte sich zu einem bedeutenden Handelszentrum der Antike. Ihre strategische Lage am Fluss Dalyan, der den Köyceğiz-See mit dem Mittelmeer verbindet, begünstigte den Handel und trug zum Wohlstand der Stadt bei.

Archäologische Ausgrabungen in Kaunos haben beeindruckende Relikte ans Licht gebracht, die von der einstigen Pracht und Bedeutung der Stadt zeugen. Besonders bemerkenswert sind die in den Fels gehauenen karischen Gräber aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., die mit ihren tempelartigen Fassaden die künstlerische Meisterschaft jener Zeit widerspiegeln. Zudem wurden ein römisches Theater, Thermen, ein Nymphäum, eine Agora, Tempel und Hafenanlagen freigelegt, die einen umfassenden Einblick in das städtische Leben der Antike ermöglichen.

Die Geschichte von Kaunos und Byblis bleibt ein eindrucksvolles Beispiel für die Komplexität menschlicher Emotionen und die weitreichenden Folgen persönlicher Entscheidungen. Ihre Erzählung verbindet die Tiefen der Mythologie mit der greifbaren Realität archäologischer Funde und hält die Erinnerung an eine vergangene Epoche lebendig. (jk)

Foto: François Chauveau, Gemeinfrei, wikimedia.org

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