Im Herzen des antiken Griechenlands lockt die Kadmeia, deren Geschichte tief in den Mythen und historischen Ereignissen verwurzelt ist.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos
Geschichte/Reisen – Benannt nach Kadmos, dem mythischen Gründer der Stadt, bildet dieser flache Hügel seit der Frühbronzezeit (3. Jahrtausend v. Chr.) das Zentrum der thebanischen Zivilisation. Archäologische Funde belegen eine kontinuierliche Besiedlung, wobei insbesondere die mykenische Epoche (ca. 1400 v. Chr.) durch den Bau prächtiger Paläste hervorsticht.
Der Legende nach führte Kadmos, auf der Suche nach seiner entführten Schwester Europa, eine heilige Kuh, die ihn zur Stätte der zukünftigen Stadt geleitete. An jener Stelle, wo sich das Tier niederließ, gründete er Theben, zunächst Kadmeia genannt. Um Wasser für ein Opfer zu schöpfen, entsandte Kadmos Gefährten zu einer nahegelegenen Quelle, die jedoch von einem Drachen bewacht wurde. Nachdem der Drache seine Männer getötet hatte, stellte sich Kadmos dem Ungeheuer und besiegte es. Auf Anweisung der Göttin Athene säte er die Zähne des Drachen, aus denen bewaffnete Krieger, die sogenannten „Spartoi“, entsprangen. Diese halfen ihm, die Stadt zu errichten, die später als Theben bekannt wurde.
In der klassischen Zeit diente die Kadmeia nicht nur als Festung, sondern beherbergte auch bedeutende öffentliche Gebäude und war Schauplatz politischer Versammlungen der Thebaner und des Böotischen Bundes. Ihre strategische Bedeutung machte sie zum Ziel militärischer Auseinandersetzungen. So besetzte der spartanische General Phoibidas 382 v. Chr. unautorisiert die Zitadelle, was zu einer Reihe von Konflikten führte, die letztlich Spartas Hegemonie über Griechenland beendeten und Thebens kurzzeitige Vorherrschaft begründeten.
Ein einschneidendes Ereignis war die Zerstörung Thebens durch Alexander den Großen im Jahr 335 v. Chr. Als Warnung an andere griechische Städte, die gegen seine Herrschaft rebellieren könnten, ließ er die Stadt dem Erdboden gleichmachen, wobei nur das Haus des Dichters Pindar verschont blieb. Erst 316 v. Chr. initiierte der makedonische General Kassander den Wiederaufbau Thebens, doch die Stadt erreichte nie wieder ihre einstige Bedeutung.
In der römischen Epoche verlor Theben weiter an Einfluss. Während des Achäischen Krieges 146 v. Chr. schloss sich die Stadt den Achäern gegen Rom an, wurde jedoch nach verlorenen Schlachten kampflos eingenommen. Viele Einwohner flohen, und die Stadt verödete zusehends. Als der Reiseschriftsteller Pausanias im 2. Jahrhundert n. Chr. Theben besuchte, fand er die Unterstadt verlassen vor; lediglich die Akropolis, die nun selbst als Theben bezeichnet wurde, war noch bewohnt.
Heute zeugen archäologische Stätten und Funde von der einstigen Pracht der Kadmeia. Besonders hervorzuheben sind die Ruinen des mykenischen Kadmos-Palastes sowie Artefakte, die im Archäologischen Museum von Theben ausgestellt sind. (jk)
