Im Schatten des Vermio: Die vergessene Waldbahn von Gournósovo

In den dichten Wäldern des Vermio-Gebirges, nahe der Stadt Naoussa in Griechenland, verbirgt sich die Geschichte einer bemerkenswerten Schmalspurbahn – der Waldbahn von Gournósovo. Zwischen 1906 und 1922 diente sie als Lebensader für die Holzindustrie und prägte die Region nachhaltig.​
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos

Geschichte/Reisen – Bereits seit 1840 bewirtschafteten albanischstämmige Forstarbeiter, in Naoussa als Arvaniten bekannt, die Wälder des Vermio. Ursprünglich aus den Dörfern Dardhë und Ziçisht in der Region Korça stammend, fanden sie nach Verfolgungen durch die Osmanen eine neue Heimat in Griechenland. Ihr handwerkliches Geschick und ihre Erfahrung im Holzverarbeitungssektor machten sie zu unverzichtbaren Akteuren der lokalen Wirtschaft.​

Die Millars Timber & Trading Company Limited, ein britisches Unternehmen, erkannte das Potenzial der Region und pachtete 1904 den Kanelli-Wald für zwei Jahrzehnte. Unter der Leitung von Paschalis Ioannou und Stathis Goulas wurde nicht nur eine Ziegelei errichtet, um Wohnhäuser für die zahlreichen Arbeiter zu bauen, sondern auch die Schmalspurbahn geplant und umgesetzt. Diese Bahn, oft als „Decauville“ bezeichnet, erschloss die tiefen Wälder und verband sie mit dem Sägewerk in Gournósovo.​

Die Strecke begann im Kanelli-Wald, nahe der Drei Fünf Brunnen, und führte über den Kamenik-Bach, durch einen eigens geschlagenen Tunnel und über zwei imposante Flussbrücken zum Sägewerk in Gournósovo auf etwa 1.050 Metern Höhe. Von dort transportierte eine Materialseilbahn das bearbeitete Holz zum Bahnhof der Normalspurbahn im heutigen Lefkadia. Diese effiziente Infrastruktur ermöglichte es, Holzschwellen für den Bau der Eisenbahnstrecke Thessaloniki–Bitola bereitzustellen und Holzkohle in verschiedene Städte zu exportieren.​

Die Waldbahn erschloss zahlreiche Waldgebiete mit klangvollen Namen wie Metamórfosi, Galaría und Pigí Pétsou. Einige Streckenabschnitte wurden temporär verlegt, um entlegene Gebiete wie Dordopoli und Drei Quellen zu erreichen. Die Überreste dieser einst pulsierenden Verkehrsadern sind heute noch sichtbar und zeugen von der ingenieurtechnischen Meisterleistung jener Zeit.​

Heute erinnern nur noch wenige Relikte an die Blütezeit der Waldbahn von Gournósovo. Fundamente der Materialseilbahn und einige Brückenpfeiler trotzen dem Zahn der Zeit und laden Wanderer ein, auf den Spuren der Vergangenheit zu wandeln. Diese Zeugnisse erzählen von einer Epoche, in der Mensch und Maschine harmonisch mit der Natur interagierten und gemeinsam die Grundlage für wirtschaftlichen Fortschritt schufen.​ (jk)

Foto: Αλέξης Χατζηιωαννίδης (Aléxis Chatziioannídis): Εφορεία Αρχαιοτήτων: Περπατώντας στα ίχνη του παρελθόντος.Αναστάσιος Κων. Καραμπατζός (Anastásios Karampatzos): ζού Βέρμιο, ο ζωοδότης της Νάουσας (Vérmio, o zoodótis tis Náousa)., Gemeinfrei, wikimedia.org

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