Kerkyra: Venezianisches Flair auf der grünen Insel Korfu

Schon am Stadtrand beeindruckt Korfus historische Hauptstadt mit einem kosmopolitischen Hauch, multikultureller Geschichte und venezianischer Architektur. 
Von Redakteurin Nadja Becker

Korfu – Kerkyra, an der Ostküste der grünen Insel im Ionischen Meer mit einem nach Nordwesten abfallenden Vorgebirge liegend, kann heute auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Bereits ca. 590 v. Chr. entstand hier der Artemis-Tempel, von dem heute nur wenige Reste erhalten sind. Danach fiel Kerkyra an unterschiedliche Besatzer, unterwarf sich 229 v. Chr. als erste griechische Stadt den Römern, wurde 1204 Teil der Republik Venedig, wehrte 1716 die Belagerung der osmanischen Truppen erfolgreich ab, wurde 1815 Hauptstadt der unabhängigen Ionischen Inselrepublik und fiel erst 1864 an Griechenland. Rund 40.000 Einwohnern leben in der Inselhaupstadt, deren Altstadt in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes im Jahre 2007 aufgenommen wurde.

Foto: Hellas Bote

Neben der herausragenden Architektur überragen die alte und neuen Festungen das mediterrane Stadtbild. Im 16. Jahrhundert entstand die alte Festung durch die Venezianer, in der ursprünglich die gesamte Stadt beheimatet war. Sie ist heute zu besichtigen, bietet einen hervorragenden Ausblick auf die Stadt, während die neue Festung, die 1645 fertiggestellt wurde, heute als Stützpunkt der Marine genutzt wird.

Die angrenzende Altstadt neben dem Espianada, einem weitläufigen Platz, spiegelt den architektonischen Einfluss aus Frankreich, England und Italien wieder, in der tagsüber Touristen durch die verwinkelten Gassen flanieren und nach einem Einkauf in den vielfältigen kleinen Ladenlokalen mit Kumquat-Produkten, Schmuck, Gewürzen, Honig oder anderen Mitbringseln eine Pause in den zahlreichen kleinen Cafés. Unser Tipp liegt etwas abseits der Altstadt, ist jedoch fußläufig leicht zu erreichen. Im „Rouvas“, einer traditionellen Taverne (13 Stam. Desilla Corfu, rouvas.corfu) wird es mittags voll, denn hier gehen auch die Einheimischen gerne essen. Ausprobieren lohnt sich also.

Foto: Hellas Bote

Am Abend erwacht die Stadt zu einem völlig anderen Leben, wird bis spät in die Nacht Mittelpunkt des gemeinsamen Miteinanders. Die Stadt ist bekannt für ihr vielfältiges Musikangebot, geht zurück auf eine hervorragende Musikhochschule und viele traditionelle Musikorchester.

Dabei ist Kerkyra nicht nur touristisches Highlight, sondern ebenfalls Anziehungspunkt der Korfioten. Hier, in einer der kleinen Gassen strömen die Gläubigen zur Kirche des Heiligen Spiridon. In einem silbernen Sarg werden seine Gebeine aufbewahrt, die mehrfach im Jahr bei traditionellen Prozessionen durch die Stadt getragen werden. In der Nähe der alten Festung lockt der Palast der Erzengel St. Michael und St. Georg. Seit 1927 Heimat des Museums für asiatische Kunst, zu Beginn des 19. Jahrhunderts Regierungssitz des englischen Gouverneurs. Ebenfalls in Kerkyra beheimatet ist das Museum für byzantinische Kunst, in der Kirche Panagia Antivouniotissa. Wen die Ikonen weniger interessieren, der findet im archäologischen Museum eindrucksvolle Stücke, darunter ein großer Gorgonenfries aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.

Foto: Hellas Bote

Sieben Kilometer von der Hauptstadt Korfus entfernt, mit einem Blick über hohe Baumwipfel auf das Meer liegt das Achilleion. Ursprünglich gehörte das Grundstück dem Korfioten Petros Brailas-Armenis, ein Freund der österreichischen Kaiserin. Nach seinem Tod erwarb Sisi das Grundstück, auf dem eine baufällige Villa stand. Diese Villa richtete Sisi 1888 bei einem zweimonatigen Aufenthalt auf der grünen Insel ein. Sisi liebte die Insel Korfu als ihre neue Heimat: „Korfu ist ein idealer Aufenthalt, Klima, Spaziergänge im endlosen Olivenschatten, gute Fahrwege und die herrliche Meeresluft, dazu den prachtvollen Mondenschein.“

Foto: Hellas Bote

Eine weitere touristische Attraktion ist das neoklassizistische Schloss Mon Repos, das als Sommerresidenz des englischen Hochkommissars gebaut wurde. Heute findet sich hier ein Museum mit Funden aus der Paleopolis mit historischen Dokumente, einer botanische Sammlung und Aquarelle mit dem historischen Hintergrund der Insel. Das Schloss wird eingefasst von einer großen Parkanlage, in der archäologische Überreste des Tempels der Hera und des Kardaki-Tempels besichtigt werden können. Bekannt wurde Mon Repos vor allem dadurch, dass hier 1921 Prinz Philip, Duke of Edinburgh, geboren wurde.

Foto: Hellas Bote

Wenige Minuten weiter Richtung Meer, der Straße am Palast vorbei folgend lohnt sich eine Pause auf der Halbinsel Kanoni, die neben einem Aussichtspunkt mit einem wunderbaren Blick auf die Bucht mit dem frei zugänglichen Vlachernon-Kloster und der benachbarten Mäuseinsel (Pontikonisi) überzeugt. Für wenige Euro setzen die kleinen Boote zu der Mäuseinsel mit ihrer sehenswerten Kapelle über.

Es wird erzählt, dass schon Sisi hier Stunden verbrachte, sogar bis zur Insel geschwommen sein soll. Kanoni ist zudem mit einem schmalen Damm mit der Hauptinsel verbunden. Mit der untergehenden Sonne ein fantastischer Spaziergang, vor allen Dingen, weil von hier aus die Landebahn des Flughafens einsehbar ist. Die Flugzeuge fliegen so tief ein, dass die interessierten Beobachter sie „fast“ berühren können. Auch wenn der Abstand immer noch groß ist, so nah kommt man nur selten an die Unterseite einer fliegenden Boing und nimmt eine außergewöhnlich ungewöhnliche Erfahrung mit nach Hause. (nb)