Hellas im Herzen – Kreis Groß-Gerau will Griechisch als zweite Fremdsprache etablieren

In einer richtungsweisenden Sitzung des Kreistags wurde ein bedeutender Antrag auf den Weg gebracht, der nicht nur bildungspolitisch, sondern auch gesellschaftlich neue Maßstäbe setzt.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler

Aktuell – Die Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen sowie Die Linke brachten gemeinsam eine Initiative ein, die den Kreis Groß-Gerau zum bundesweiten Vorreiter machen könnte: Die Bewerbung beim Hessischen Kultusministerium als Modellregion für Neugriechisch als ordentliche zweite Fremdsprache an Schulen. Mit großer Mehrheit wurde der Beschluss verabschiedet, der in dreifacher Hinsicht einen bedeutsamen Impuls setzen soll: sprachlich, gesellschaftlich und symbolisch.

Ziel des Vorhabens ist es, ein schulisches Angebot zu schaffen, das die griechische Sprache nicht länger in den Schatten stellt, sondern sie als zweite Fremdsprache gleichberechtigt neben Französisch, Spanisch oder Latein etabliert. In enger Kooperation mit den Schulträgern in Rüsselsheim am Main und Kelsterbach sowie weiteren relevanten Partnern – darunter außerschulische Bildungsträger, das griechische Konsulat, örtliche griechische Vereine und Schulverwaltungen – soll nun ein überzeugendes Konzept entwickelt und zeitnah beim Kultusministerium eingereicht werden. Ein zentrales Element des Prozesses: die Einrichtung einer Fachgruppe für Neugriechisch, die Expert*innen aus verschiedensten Bereichen vereinen und gemeinsam daran arbeiten soll, die Einführung fundiert vorzubereiten.

Groß-Gerau ist nicht nur wirtschaftlich stark – die Region ist auch ein kulturelles Mosaik, geprägt von einer Vielzahl an Nationen. Die griechische Community zählt zu den ältesten und prägendsten Gruppen im Kreis. Seit der sogenannten Gastarbeitergeneration haben sich viele Familien hier eine Heimat aufgebaut, die mit großer Selbstverständlichkeit zum sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben des Kreises beiträgt.

Die Tatsache, dass die außerschulischen griechischen Sprachschulen regelmäßig überfüllt sind, ist dabei mehr als ein organisatorisches Problem – es ist ein klares Signal für eine große Nachfrage und das Bedürfnis nach einem systematischen schulischen Angebot. Griechische Vereine leisten seit Jahren wertvolle Arbeit in der Sprach- und Kulturvermittlung. Nun soll auch die schulische Infrastruktur diesem Engagement gerecht werden.

Während andere Herkunftssprachen längst ihren Platz im Schulcurriculum gefunden haben – von Arabisch über Polnisch bis Portugiesisch – blieb Griechisch bislang außen vor. Dies zu ändern, ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine Frage der Weitsicht. Sprachliche Vielfalt ist ein Schatz, den es zu fördern gilt – besonders dann, wenn er so eng mit der Geschichte und Gegenwart der Region verknüpft ist. Zudem eröffnet der schulische Erwerb von Griechisch neue Perspektiven für junge Menschen, gerade im wirtschaftsstarken Rhein-Main-Gebiet, das enge Verbindungen zur griechischen Wirtschaft und Industrie pflegt – insbesondere im Bereich der Logistik.

Doch jenseits aller pragmatischen Vorteile hat das Projekt auch eine tiefgreifende symbolische Bedeutung: Es zeigt den hier lebenden Menschen mit griechischen Wurzeln, dass ihre Sprache, ihre Geschichte und ihre Beiträge zur Gesellschaft gesehen, wertgeschätzt und gefördert werden. Es ist ein Schritt hin zu einer Schule der Zukunft – offen, inklusiv, kulturell vielfältig. Der Kreistag Groß-Gerau setzt mit diesem Beschluss ein deutliches Zeichen: für gelebte Integration, für kulturelle Teilhabe und für ein Bildungssystem, das Vielfalt nicht nur duldet, sondern aktiv fördert. (sk)

Foto: Hellas-Bote

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