Aus dem Griechischen übersetzt und neu erzählt von Maria Papadaki.
Griechische Volksmärchen – Es begab sich, dass dem König ein kleines Horn auf dem Kopf wuchs. Nun wollte der König nicht, dass irgendjemand von seinem Schönheitsfehler erfuhr. Doch wie sollte er sein Horn vor seinem Barbier geheim halten, wenn er ihm die Haare schnitt? Deshalb drohte ihm der König und schwor, er würde seinen Kopf fordern, wenn der Barbier das Geheimnis weitererzählen würde.
Nur der Barbier wusste von dem Makel und dieser konnte nur schwer schweigen. Doch seine Angst war größer. Eines Tages setzte sich der Barbier an einen Brunnen und vertraute diesem das Geheimnis an.
Laut rief er deshalb in den Brunnenschacht: „Unser König hat ein Horn auf dem Kopf!“ Mit der Zeit trocknete der Brunnen aber aus und Schilfrohr breitete sich im und um den Brunnen aus. Eines Tages kam ein Hirt vorbei und rastete an dem Brunnenschacht. Um sich die Zeit zu vertreiben schnitzte er sich aus einem dicken Schilfrohr eine Schalmei und begann darauf zu spielen. Doch die Schalmei spielte nicht die Töne des Hirten, sondern eine Stimme erklang: „Unser König hat ein Horn auf dem Kopf!“
Der eigenartige Klang der Schalmei verbreitete sich im ganzen Land und jeder erzählte dem nächsten von dem Schönheitsfehler, den der König verbergen wollte. Irgendwann erreichte die Kunde auch den Königspalast und der König rief den Barbier zu sich. Wütend fragte er den Barbier, wem er von seinem Makel erzählt habe. Der Barbier schwor, dass er es niemandem erzählt habe. Lediglich ein einziges Mal hätte er das Geheimnis einem Brunnen anvertraut.
Deshalb ließ der König den Hirten zu sich rufen, welcher ihm von seinem Musikinstrument berichtete. Und so begriff der König, dass manchmal auch Worte Wurzeln schlagen können. (mp)