Der himmlische Einsiedler: Das Leben und Wirken des Heiligen Onuphrius

In der Weite der glühend heißen Wüstenlandschaften Ägyptens und Kappadokiens, verborgen vor den Augen der Welt, leuchtete ein heiliger Stern von unvergleichlicher Demut und Hingabe: Onuphrius der Große.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos

Gedächtnis: 12. Juni

Götter & Gelehrte – Ein Name, der in den Annalen der christlichen Heiligenverehrung einen ehrwürdigen Platz einnimmt und doch oftmals hinter den bekannteren Asketenfiguren seiner Zeit verblasst. Doch für jene, die seinen Namen kennen, bleibt Onuphrius ein Symbol tiefster Gottestreue, unverbrüchlicher Entsagung und spiritueller Reinheit.

Sein Gedenktag, der 12. Juni, wird in der griechisch-orthodoxen Kirche mit großer Verehrung begangen. An diesem Tag erinnern sich die Gläubigen an sein vorbildliches Leben als Asket, der sich selbst der Welt entzog, um in vollkommener Einsamkeit die Nähe Gottes zu erfahren.

Onuphrius wurde um das Jahr 320 in Äthiopien geboren, in eine angesehene Familie, vielleicht sogar in eine fürstliche Dynastie. Von Kindesbeinen an war sein Schicksal von der Führung Gottes bestimmt. So wurde er in das Kloster von Hermopolis in der Thebais gesandt, einem Zentrum früher christlicher Mönchsbewegungen. Doch das klösterliche Leben reichte ihm nicht. Sein Herz zog ihn in die tiefste Abgeschiedenheit, dorthin, wo er Gott ohne Ablenkung begegnen konnte.

Er verließ das Kloster und ging in die Wüste, entweder nach Theben, dem heutigen Luxor in Ägypten, oder in die felsenumschlossene Einsamkeit Kappadokiens. Dort lebte er, fernab jeder Zivilisation, in vollkommener Entbehrung. Nur von Wurzeln und Datteln ernährt, in Meditation und Gebet versunken, verbrachte er 70 Jahre als Einsiedler. Seine Kleidung bestand einzig aus seinem dichten Haar und einem Schurz aus Palmblättern.

Die Legende berichtet, dass ein Engel ihm jeden Sonntag die Eucharistie brachte, ein Zeichen dafür, dass seine asketischen Bemühungen Früchte trugen und sein Opfer von Gott angenommen wurde. Sein Dasein war durchdrungen von Glauben, Demut und der unerschütterlichen Hoffnung auf das ewige Leben. In der orthodoxen Tradition gilt Onuphrius als eine Verkörperung der vollkommenen Hingabe an Gott.

Kurz vor seinem Tod begegnete ihm der Mönch Paphnutius von Ägypten. Als dieser den verwilderten, von der Sonne gegerbten und von Haaren bedeckten Einsiedler sah, erschrak er. Doch Onuphrius rief ihn zu sich und erzählte ihm seine Lebensgeschichte. Die beiden verbrachten die Nacht im Gebet, und am Morgen segnete der greise Heilige seinen Gast. Kurz darauf verschied er, umgeben von Engelsgesängen. Paphnutius begrub ihn ehrfurchtsvoll und trug seine Geschichte in die Welt hinaus.

Der Name Onuphrius wird häufig auf den koptischen Ursprung „Unnufer“ zurückgeführt, was „der beständig Gute“ bedeutet. Auch seine arabischen Namensvarianten „Abū Nufir“ oder „Nofer“ stehen in Verbindung mit seiner asketischen Lebensweise und bedeuten so viel wie „der Pflanzenesser“.

Die Verehrung des Heiligen Onuphrius begann bereits im 6. und 7. Jahrhundert in Ägypten und breitete sich von dort über die gesamte Christenheit aus. Vor allem in der koptischen und griechisch-orthodoxen Kirche wird sein Andenken bis heute in Ehren gehalten. Seine Reliquien wurden weit verstreut, unter anderem nach Rom, München, Braunschweig und Meggen in der Schweiz.

Onuphrius gilt als Patron der Weber, der heiratswilligen Frauen sowie der Studenten mit Lernproblemen. In volkstümlichen Überlieferungen wird er auch von Prostituierten und Menschen, die von sexuellen Übergriffen bedroht sind, angerufen. Sein Schutz wird zudem beim Wiederfinden verlorener Dinge erbeten, und er gilt als Fürsprecher für einen guten Tod. Besonders in München genoss er hohe Verehrung, wenngleich er dort oft mit dem Heiligen Christophorus verwechselt wurde.

Seine Attribute sind typisch für die Darstellung von Wüstenvätern: ein dicht behaarter Körper, ein Blätterschurz um die Lenden sowie Kelch und Hostie als Symbole für die himmlische Eucharistie, die ihm von Engeln gereicht wurde. (jk)

Foto: Hellas-Bote

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