Das Nazar-Amulett: Geschichte und Mythologie des Blauen Auges in Griechenland

Das Nazar-Amulett, auch bekannt als „blaues Auge“ oder „böser Blick“, ist tief in der Kultur und Geschichte Griechenlands verwurzelt. Dieses auffällige Amulett, meist in Form eines blauen Auges dargestellt, wird traditionell getragen oder im Haus platziert, um Schutz vor dem „bösen Blick“ zu bieten – einem uralten Aberglauben, der in vielen Kulturen existiert. Doch wie hat sich dieses Symbol entwickelt und welche Geschichten und Mythen umgeben es?
Von HB-Redakteurin Soula Dimitriou

Kultur & Tradition – Die Ursprünge des Nazar-Amuletts reichen bis in die Antike zurück. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass das Konzept des „bösen Blicks“ bereits vor mehr als 5.000 Jahren existierte. In Mesopotamien und Ägypten wurden ähnliche Schutzsymbole gefunden, was auf eine weit verbreitete Überzeugung hinweist, dass bestimmte Blicke Schaden verursachen können.

In Griechenland lässt sich die Verwendung von Augenmotiven bis in die minoische und mykenische Zeit (ca. 1600-1100 v. Chr.) zurückverfolgen. Diese frühen Zivilisationen verwendeten oft Augenmotive in ihrer Kunst und ihren Ritualen, um Schutz und Segen zu erbitten. Während der klassischen Periode (ca. 5. Jahrhundert v. Chr.) wurde das Konzept des bösen Blicks weiter verfeinert und in die griechische Folklore integriert.

Foto: Hellas-Bote

Der Glaube an den bösen Blick ist tief in der griechischen Mythologie verwurzelt. Einer der bekanntesten Mythen ist die Geschichte der Gorgonen, insbesondere Medusa. Medusa war eine der drei Gorgonen, die Menschen mit einem einzigen Blick versteinern konnte. Dieser Mythos veranschaulicht die zerstörerische Kraft eines einzigen Blicks und stellt eine direkte Verbindung zum Glauben an den bösen Blick her.

Das Nazar-Amulett symbolisiert das Auge, das den bösen Blick abwehrt. Die tiefblaue Farbe wird mit dem Himmel und dem Meer in Verbindung gebracht, die in der griechischen Kultur Schutz und Reinheit symbolisieren. In der Mythologie war das Auge auch ein Symbol der göttlichen Überwachung und des Schutzes durch die Götter, insbesondere durch Zeus, der oft als allsehendes Auge dargestellt wurde.

Im Laufe der Jahrhunderte verbreitete sich das Nazar-Amulett weit über die Grenzen Griechenlands hinaus und wurde in vielen Kulturen des Nahen Ostens und des Mittelmeers angenommen. In der modernen griechischen Kultur ist das blaue Auge allgegenwärtig. Es findet sich in Schmuckstücken, Wanddekorationen, Autos und sogar auf Kleidung.

Das Amulett wird oft bei Neugeborenen, Hochzeiten und neuen Häusern verschenkt, um Glück und Schutz zu bringen. Viele Griechen glauben fest an seine schützende Kraft und betrachten es als ein unverzichtbares Symbol des täglichen Lebens.

Das Nazar-Amulett ist mehr als nur ein dekoratives Schmuckstück; es ist ein Symbol, das tief in der griechischen Kultur und Mythologie verwurzelt ist. Seine Geschichte reicht Tausende von Jahren zurück und spiegelt die uralte Angst vor dem bösen Blick und den Wunsch nach Schutz wider. Trotz der modernen Zeiten hat das blaue Auge nichts von seiner Bedeutung verloren und bleibt ein kraftvolles Symbol des Schutzes und des Glaubens für die Menschen in Griechenland und darüber hinaus.

Das Studium des Nazar-Amuletts bietet einen faszinierenden Einblick in die Art und Weise, wie alte Überzeugungen und Symbole die modernen Traditionen und den Glauben formen. Es zeigt, wie tief verwurzelte Mythen und historische Praktiken auch heute noch lebendig bleiben und die kulturelle Identität prägen. (sd)

Foto: LoggaWiggler/Pixabay

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