Die mythologische Geschichte von Kastor und Polydeukes, den untrennbaren Zwillingsbrüdern und Söhnen des Zeus, fasziniert seit Jahrtausenden und prägte antike Kultur, Religion und Astronomie.
Von HB-Redakteurin Soula Dimitriou
Götter & Gelehrte – Die Dioskuren, Kastor und Polydeukes, stehen als Sinnbild für unerschütterliche Brüderliebe und die Verbindung von Sterblichkeit und Unsterblichkeit. Die griechische Mythologie erzählt von ihrer außergewöhnlichen Herkunft: Während Polydeukes als Sohn des Zeus und der Leda ein Halbgott war, galt Kastor als sterblicher Sohn des Tyndareos, dem König von Sparta. Beide wurden dennoch als Zwillingsbrüder geboren und waren durch ein tiefes Band miteinander verbunden.
Die Dioskuren entstammen einer mythologischen Tradition, die sich auf indogermanische Ursprünge zurückführen lässt. Sie finden Parallelen in den indischen Ashvins und den baltischen Dieva dēli. In Sparta, ihrem angeblichen Geburtsort, galten sie als Helden und Schutzgötter. Ihre Namen zieren bis heute das Sternbild der Zwillinge, das in den Wintermonaten am Himmel leuchtet.
Der Mythos erzählt, wie Kastor im Kampf mit dem Cousin Idas sein Leben verlor. Polydeukes, unsterblich durch seine göttliche Abstammung, konnte den Verlust seines Bruders nicht ertragen. In einem Akt unendlicher Liebe bat er Zeus, auch ihn sterben zu lassen, um mit Kastor vereint zu sein. Zeus gewährte ihm einen Kompromiss: Die Brüder durften einen Tag im Olymp und einen Tag im Hades verbringen. So wurden sie zur Verkörperung der Dualität von Leben und Tod, Sterblichkeit und Unvergänglichkeit.
Die Dioskuren waren Schutzgötter der Seefahrer und wurden insbesondere in Lakonien, Kleinasien und Rom verehrt. Ihre helfenden Hände wurden oft in Notsituationen angerufen, und ihre Rolle als Schutzpatronin der römischen Penaten verlieh ihnen eine zentrale Bedeutung im antiken Glauben. Auf dem Forum Romanum errichtete man ihnen zu Ehren einen prachtvollen Tempel, der ihre Bedeutung für die römische Gesellschaft unterstrich. Ihre Abbildung auf Münzen zeigt, wie tief verwurzelt ihr Kult im Alltag der Menschen war.
Die Geschichte der Dioskuren inspiriert bis heute Literatur, Kunst und Astronomie. Ihre tragische Verbindung, ihre mythologische Bedeutung und ihre himmlische Präsenz als Sternbild erinnern an die ewige Frage nach Leben, Tod und der Suche nach einem tieferen Verständnis von Liebe und Opferbereitschaft.
So leuchten Kastor und Polydeukes als Sternbild der Zwillinge nicht nur am Nachthimmel, sondern auch im kollektiven Gedächtnis der Menschheit – als Symbole unerschütterlicher Bindung und des ewigen Kreislaufs von Leben und Tod. (sd)
