Ein Abend für die Rock-Geschichtsbücher: Jerry Harrison (Talking Heads) und Adrian Belew (King Crimson) machten am Freitag Halt in Köln – und verwandelten das Carlswerk Victoria in einen pulsierenden Schmelztiegel aus Rhythmus, Innovation und Nostalgie. Mit ihrer Remain In Light 2025 Tour ließen die beiden Musikikonen ihre wegweisenden Werke in neuem Licht erstrahlen – kraftvoll, tanzbar und voller überraschender Momente.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler
Magazin – Schon bei der Ankündigung war klar: Dieses Konzert würde mehr als nur ein gewöhnlicher Auftritt sein. Harrison, Mitbegründer der Talking Heads, und Belew, Gitarrenmeister mit Stationen bei Frank Zappa, David Bowie und eben King Crimson, gehören zu den progressivsten Köpfen der Rockmusik. Ihr gemeinsames Projekt ist ein Geschenk an Fans anspruchsvoller, genreübergreifender Musik – live jedoch ist es weit mehr: Es ist ein mitreißendes Gesamtkunstwerk.

Zentrales Element der Show war natürlich das legendäre Remain in Light-Album der Talking Heads – ein Meilenstein zwischen New Wave, Funk und Afrobeat. Stücke wie „Crosseyed and Painless“ oder „Houses in Motion“ entfalteten live eine hypnotische Energie. Die Band – ein eingespieltes Ensemble aus erfahrenen Musiker:innen – verstärkte diesen Sog mit exzellentem Timing und spürbarer Spielfreude. Belews Gitarrenspiel, das von scharfen, verzerrten Klangflächen bis zu eleganten Melodiebögen reichte, war dabei ebenso prägend wie Harrisons souveräne Bühnenleitung.
Doch der Abend war keine bloße Retrospektive. Zwischen den ikonischen Tracks streuten Harrison und Belew immer wieder Auszüge aus ihren Solowerken ein – darunter Belews experimentelle Klanglandschaften und Harrisons funkgetränkte Produktionen. Besonders bemerkenswert: Die künstlerische Leichtigkeit, mit der Vergangenheit und Gegenwart, Bekanntes und Neues miteinander verwoben wurden. Es war keine Museumsschau – es war gelebte Gegenwartsmusik mit historischem Fundament.
Das Publikum – ein Mix aus älteren Rockfans, Musiknerds und neugierigen Jüngeren – reagierte enthusiastisch. Bei Klassikern wie „Once in a Lifetime“ und „Life During Wartime“ wurde getanzt, gejubelt und mitgesungen. In ruhigeren, atmosphärischen Momenten herrschte gespannte Aufmerksamkeit. Die rund 90-minütige Show schloss mit tosendem Applaus – und dem Gefühl, Zeuge eines besonderen Moments gewesen zu sein.
Jerry Harrison und Adrian Belew haben in Köln eindrucksvoll gezeigt, dass große Musik keine Verfallszeit kennt. Ihr Auftritt war nicht nur eine Verbeugung vor der eigenen Geschichte, sondern vor allem ein leidenschaftliches Plädoyer für die kreative Kraft des Live-Erlebnisses. Wer dabei war, hat Rockmusik in ihrer besten Form erlebt: experimentierfreudig, energetisch – und absolut zeitlos. (sk)
