Oreoi: Ein antikes Juwel im Nordwesten von Euböa

An der malerischen Nordwestküste der griechischen Insel Euböa, wo das Ägäische Meer auf den Nordeuböischen Golf trifft, liegt das beschauliche Dorf Oreoi. Dieses kleine Küstenstädtchen, das von einer tiefen historischen Bedeutung durchdrungen ist, bietet nicht nur atemberaubende Ausblicke auf das Meer, sondern auch Einblicke in das antike Erbe Griechenlands.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou

Reisen – Mit einer Bevölkerung von 2.827 Menschen (Stand 2021) und einer Fläche von knapp 50 Quadratkilometern bildet Oreoi heute einen Teil der größeren Gemeinde Istiaia-Aidipsos, zu der es seit der Verwaltungsreform von 2011 gehört. Doch hinter der modernen Struktur verbirgt sich eine faszinierende Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht.

Oreoi verdankt seinen Namen der antiken Stadt Oreus, die einst an den östlichen Ausläufern des heutigen Dorfes lag. Diese alte Siedlung war auch als Histiaea bekannt und spielte eine wichtige Rolle in der Geschichte der Insel. Oreus war strategisch gelegen, mit einem Blick auf die Meeresstraße, die das Ägäische Meer mit dem Nordeuböischen Golf verbindet. In der Antike bot dies sowohl Schutz als auch die Möglichkeit des Seehandels. Die Überreste dieser alten Stadt sind heute nicht mehr vollständig sichtbar, doch ihr Einfluss lebt in der modernen Namensgebung und in den historischen Artefakten weiter, die in Oreoi gefunden wurden.

Foto: Hellas-Bote

Ein besonders beeindruckendes Zeugnis der glorreichen Vergangenheit Oreois ist die große Marmorstatue eines Stiers, die 1965 aus dem Hafen der Stadt gehoben wurde. Diese massive Skulptur stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und gehörte einst zu einem Grabmonument. Der Stier symbolisierte in der Antike Stärke und Opferbereitschaft und spielte eine wichtige Rolle in den religiösen und kulturellen Traditionen. Heute ist der Marmorstier in Oreoi ausgestellt und zieht Besucher aus aller Welt an, die nicht nur die antike Handwerkskunst bewundern, sondern auch die tiefen kulturellen Wurzeln der Region spüren wollen.

Trotz seiner antiken Ursprünge war Oreoi lange Zeit ein bescheidenes Dorf, das eng mit der benachbarten Gemeinde Istiaia verbunden war. Bis 1912 gehörte Oreoi zu Istiaia, bevor es zu einer eigenständigen Gemeinde wurde. Die Unabhängigkeit währte jedoch nicht ewig, denn 1997 wurde Oreoi zur eigenständigen Gemeinde erhoben und später, im Zuge der umfassenden Kommunalreform von 2011, wieder in die größere Gemeinde Istiaia-Aidipsos integriert. Diese Reform zielte darauf ab, die Verwaltungseinheiten in Griechenland zu straffen und effizienter zu gestalten. Der letzte Bürgermeister von Oreoi vor dieser Eingliederung war Ioannis Stamatiou, der 2006 gewählt wurde und das Dorf durch eine Phase des Wandels führte.

Nur 5 Kilometer westlich von Oreoi liegt der Hafen von Agiokampos, ein wichtiger Knotenpunkt für den Fährverkehr zwischen der Insel Euböa und dem griechischen Festland. Fähren verkehren regelmäßig nach Glyfa auf dem Festland, was Oreoi zu einem leicht erreichbaren Ziel für Reisende macht. Der Hafen von Agiokampos dient nicht nur als Verkehrsader, sondern bietet auch eine malerische Kulisse für Spaziergänge am Meer, während Fischerboote und Fähren gemächlich ein- und auslaufen.

Oreoi ist mehr als nur ein malerisches Küstendorf – es ist ein Ort, an dem die Vergangenheit greifbar bleibt und sich mit der Gegenwart verbindet. Die ruhige Atmosphäre des Dorfes, gepaart mit seiner reichen Geschichte und den erhaltenen Artefakten, macht es zu einem faszinierenden Ziel für Besucher, die sich für Kultur, Geschichte und das authentische Leben in Griechenland interessieren. Die Bedeutung der Stadt reicht weit über ihre kleine Größe hinaus, und der Stier von Oreoi ist nur eines von vielen Symbolen, die die tiefe historische und kulturelle Bedeutung dieses Ortes unterstreichen. (mv)

Foto: Hellas-Bote