Kretische Zistrose: Das Ladanum-Harz sammelten Ziegen auf griechischen Inseln

Schon in der Antike wurde die Kretische Zistrose nicht nur als Heilpflanze gerne genutzt, auch das ölige Harz auf den Blättern des Mittelmeergewächses erwähnte schon der griechische Gelehrte Dioskurides.
Von HB-Redakteur Panos Ventouris

Natur & Umwelt – Fast im gesamten Mittelmeergebiet, außer auf der Iberischen Halbinsel, ist die Kretische Zistrose (Cistus creticus) beheimatet, deren Name Carl von Linné in der 10. Auflage von Systema Naturae 1759 veröffentlicht wurde. Der Zwergstrauch aus der Familie der Zistrosengewächse, der durchschnittlich eine Höhe von bis zu einem Meter erreicht, siedelt sich mit Vorliebe auf Felsen mit Kalk und Silikat an.

Purpur oder dunkelrosa stechen die Blüten mit einer Größe von vier bis sechs Zentimetern sowie ihren fünf Blütenblättern aus dem satten Grün heraus. Immer sind sie zerknittert und werden heute noch für Kräutertees in Griechenland genutzt. Die Verwendung des Zwergstrauches begann aber schon in der Antike und so beschrieb der griechische Gelehrte Dioskurides die Sammlung von Ladanum-Harz auf den griechischen Inseln.


Kretische Zistrose (Cistus creticus)

Systematik
Rosiden, Eurosiden II
Ordnung: Malvenartige (Malvales)
Familie: Zistrosengewächse (Cistaceae)
Gattung: Zistrosen (Cistus)
Wissenschaftlicher Name: Cistus creticus


Bei Ladanum oder Labdanum (fälschlich auch Laudanum genannt) handelt sich um ein Harz, welches von verschiedenen Zistrosenarten gesammelt wird. Unter der heißen Sonne tritt das ölige Harz aus den Blättern der Kretischen Zistrose ebenso aus wie bei den Arten Cistus ladanifer und Cistus laurifolius. Ein wenig sieht es dann aus, als ob die Pflanzen schwitzen würden. Im syrisch-phönizischen Sprachraum waren diese Zistrosenarten als Ladan (klebriges Kraut) bekannt.

Schon im historischen Ägypten wurde das Harz für die Räuchermischung Kyphi verwendet und noch heute findet es als Rohstoff in der Parfüm- und Seifenindustrie Anwendung, denn das Ambra-artige Aroma, welches leicht an Honig erinnert, sticht angenehm heraus aus den verschiedenen Düften. Für die Gewinnung des Harzes trieben schon in der Antike Hirten auf verschiedenen griechischen Inseln ihre Ziegen durch die Büsche. Das Harz blieb insbesondere in den Bart- und Schenkelhaaren hängen und konnte dann aus dem Fell herausgekämmt werden. Üblich war auch die Methode mit Stricken oder Lederriemen (unter anderem auf Kreta), von denen das klebrige Harz aufgenommen wurde. Heute wird das Ladanum allerdings meist aus der Lack-Zistrose (Cistus ladanifer) gewonnen, die mehr Harz als ihre pflanzlichen Familienmitglieder produziert.


Selbst die Bibel erwähnt das gewonnene Harz: 

Gen 37,25 – Als sie dann beim Essen saßen und aufblickten, sahen sie, dass gerade eine Karawane von Ismaelitern aus Gilead kam. Ihre Kamele waren mit Tragakant, Mastix und Ladanum beladen. Sie waren unterwegs nach Ägypten.

Gen 43,11 – Da sagte ihr Vater Israel zu ihnen: Wenn es schon sein muss, dann macht es so: Nehmt von den besten Erzeugnissen des Landes in eurem Gepäck mit und überbringt es dem Mann als Geschenk: etwas Mastix, etwas Honig, Tragakant und Ladanum, Pistazien und Mandeln.


Bis heute sind die Blätter der Kretischen Zistrose ebenfalls Bestandteil verschiedener griechischer Kräutertees. Zudem findet sich die Heilpflanze in Tropfen, Cremes, Kapseln oder Halspastillen in der traditionellen Volksmedizin oder in Nahrungsergänzungsmitteln. Allerdings sind Aussagen zur Stärkung des Immunsystems oder antioxidative Fähigkeiten verboten, da bisher eine solche Wirkung nicht medizinisch belegt wurde. Dennoch wird ihr eine antivirale Wirkung zugesprochen und die in den Blättern enthaltenen Polyphenole sollen eine adstringierende, und damit blutstillende, Wirkung. Zudem wird die Kretische Zistrose in der Volksmedizin zur Behandlung von Durchfall und Hautkrankheiten eingesetzt.

Im Jahre 2016 zeigten wissenschaftliche Untersuchungen am Helmholtz Zentrum München auf, dass das Kraut die Vermehrung von Viren wie dem Ebolavirus unterbinden, sie gar inaktivieren können. Forscher am pharmazeutischen Institut der Universität Leipzig wiesen eine Wachstumshemmung bei Borrelien nach, Selbsthilfegruppen von Borreliosepatienten von positiven Erfahrungen berichtet hatten.
Dabei ist zu beachten, dass Studien zur Wirksamkeit bei viralen Infekten abweichende Ergebnisse aufweisen und deshalb innerhalb der Medizin diskutiert werden. (pv)

Schon in der Antike wurde die Kretische Zistrose nicht nur als Heilpflanze gerne genutzt, auch das ölige Harz auf den Blättern des Mittelmeergewächses erwähnte schon der griechische Gelehrte Dioskurides. Foto: Hellas-Bote