Inmitten der Ägäis, umgeben von den bekannten Inseln Euböa, Andros, Tinos, Syros, Kythnos und Kea, liegt die unbewohnte Insel Gyaros.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos
Reisen – Mit einer Fläche von etwa 17,76 Quadratkilometern erhebt sich dieses felsige Eiland, dessen höchster Gipfel, der Profitis Ilias, 490 Meter erreicht. Die steilen Küsten und das raue Gelände verleihen der Insel ein unzugängliches Aussehen, das sie in der Vergangenheit vor menschlicher Besiedlung weitgehend schützte.
Historisch gesehen diente Gyaros als Ort des Exils und der Bestrafung. Bereits während der römischen Herrschaft wurde die Insel genutzt, um unliebsame Personen zu verbannen. Der römische Philosoph Musonius Rufus wurde im Jahr 65/66 n. Chr. Chr. nach Gyaros verbannt und soll dort eine Wasserquelle entdeckt haben. In der Zeit des griechischen Bürgerkriegs und später unter der Militärdiktatur von 1967 bis 1974 nahm Gyaros erneut als Gefängnisinsel für politische Häftlinge teil. Die Überreste der Gefängnisgebäude zeugen noch heute von dieser düsteren Vergangenheit.
Trotz ihrer kargen Landschaft hat Gyaros eine bemerkenswerte ökologische Bedeutung. Die Abgeschiedenheit der Insel hat es der vom Aussterben bedrohten Mittelmeer-Mönchsrobbe ermöglicht, hier einen sicheren Zufluchtsort zu finden. Die umliegenden Gewässer beherbergen die größte Population dieser Robbenart in Europa. Zudem bieten die Küstenhöhlen der Insel ideale Brutplätze für seltene Seevögel wie den Mittelmeer-Sturmtaucher und den Eleonorenfalken. Aufgrund dieser einzigartigen Biodiversität wurde Gyaros 2011 in das Natura-2000-Netzwerk aufgenommen und 2019 offiziell als erstes marines Naturschutzgebiet der Kykladen anerkannt.
Archäologische Funde weisen darauf hin, dass Gyaros bereits in prähistorischer Zeit besiedelt war. Entdeckungen von Obsidianwerkzeugen, Steinvasenfragmenten und Keramik unterschiedlicher Herkunft deuten auf eine strategische Bedeutung der Insel als Zwischenstopp auf den Handelsrouten der späten Bronzezeit hin. Diese Funde unterstreichen die historische Relevanz von Gyaros innerhalb der Ägäis.
Obwohl Gyaros derzeit unbewohnt ist und keine touristische Infrastruktur bietet, zieht sie aufgrund ihrer Geschichte und Naturforscher an. Die unberührten Küsten und das klare Wasser machen sie zu einem interessanten Ziel für ökologische Studien und Naturschutzprojekte. (jk)
