Die Griechen greifen zu wenig zum Buch

Eine aktuelle Studie der Organisation für die Verwertung literarischer Werke (ΟΣΔΕΛ) zeigt auf, dass mehr als ein Drittel der Griechen nicht lesen.
Von Redakteurin Sofia Papadopoulou

Griechenland – Bereits auf der Buchmesse in Thessaloniki Anfang Mai stellte ΟΣΔΕΛ-Direktor Giorgandreas Zannos eine neue Studie vor, die in 2021 und teilweise in 2022 das Leseverhalten der Griechen auswertete. Das erschreckende Ergebnis: 35 % der Griechen lesen keine Bücher, nur 31 % lesen mehr als vier Bücher. Im Vergleich mit einer bereits vor 12 Jahren durchgeführten Studie hat das Leseverhalten in Griechenland damit zwar deutlich zugenommen, denn damals lag der Prozentsatz der Nichtleser noch bei 65 %, dennoch seien die aktuellen Zahlen kein Grund zur Freude.

Die Organisation für die Verwertung literarischer Werke (ΟΣΔΕΛ) zeigte in diesem Zusammenhang die positive Seite der Pandemie auf, schließlich wandten sich zu diese Zeit mehr Menschen einem Buch zu. Zeitmangel sei nämlich der Hauptgrund dafür, dass die meisten Griechen keine Bücher lesen. Für Nichtleser liegt der Grund in der Unattraktivität des Lesens.

Mehr als 80 % der gelesenen Bücher waren gedruckte Bücher, E-Books wurden überwiegend von jungen Männern gelesen. An erster Stelle der Lesepräferenzen steht Literatur, gefolgt von Geschichte und Kriminalromanen – Unterschiede zeigen sich je nach Geschlecht der Befragten. Je höher das Bildungsniveau der Befragten, desto höher sind die Werte im Buchleseindex. Insbesondere haben Befragte mit einem höheren Bildungsniveau einen Durchschnittswert auf dem Index von 8,1 im Vergleich zu 3,5 bei Befragten mit einem niedrigeren Bildungsniveau.

Insbesondere Ungleichheiten und Unterschiede im Leseverhalten seien dabei auf die Schwierigkeiten des Zugangs zum Lesen und die Dauer der Schulbildung zurückzuführen, die ungleich zwischen den sozialen Gruppen verteilt sind.

„Um realistisch zu sein, müssen Bemühungen zur Demokratisierung des Lesens zwei soziologische Beobachtungen berücksichtigen: a) Die Lesekompetenz ist nicht in allen sozialen Schichten gleichmäßig verteilt, b) es gibt soziale Gruppen, deren Kultur nicht einfach an anderen Werten orientiert ist als die, die dies voraussetzt und beinhaltet die systematische Lesepraxis, entwertet aber auch explizit das Lesen von Büchern“, so Giorgandreas Zannos.

„Eine Kulturpolitik, die die erste Beobachtung ignoriert, ist wirkungslos, weil sie diejenigen nicht berücksichtigt, die das, was sie lesen, entweder falsch verstehen oder nicht verstehen. Eine Kulturpolitik, die auf die Verbreitung des Lesens als Freizeitbeschäftigung oder auf die Verbreitung „literarischer“ oder „legitimer“ Kultur abzielt und die zweitgenannte Beobachtung außer Acht lässt, ist zum Scheitern verurteilt, da sie nicht versteht, dass für eine soziale Gruppe bzw. damit ein Individuum in der Lage ist, eine Praxis, beispielsweise die Praxis des Lesens, anzunehmen, sollte dieser Praxis durch seine Kultur eine Bedeutung verliehen werden.“

Jede Politik zur Verbreitung des Lesens müsse sich auch mit der Frage der Beziehung befassen, die die verschiedenen sozialen Gruppen zu den Leseräumen und den Arten der Nutzung des Buches in ihnen pflegen. Eine wirksame Politik zur Verbreitung des Lesens könne dabei nur ein Prinzip haben: „Es gibt keine unangemessenen Bücher, es gibt keine nutzlosen und unangemessenen Lektüren, auch nicht die der ersten Stufe.“ Die Ergebnisse der Umfrage im Detail können Sie hier einsehen (in griechischer Sprache). (sp/ΟΣΔΕΛ)

Foto: Hellas Bote