Der heilige Johannes der Theologe – Evangelist, Mystiker und Säule des Glaubens

Johannes der Theologe (griechisch: Ιωάννης Θεολόγος) gilt in der griechisch-orthodoxen Kirche als einer der herausragendsten Apostel Jesu Christi. Die östliche Tradition sieht in ihm nicht nur den Verfasser des Johannesevangeliums, sondern auch den inspirierenden Mystiker, der die göttliche Wahrheit in seiner tiefsten Form erfasst und weitergegeben hat. Sein Gedenktag wird in der orthodoxen Kirche am 8. Mai gefeiert – ein Tag der Verehrung und des spirituellen Gedenkens an sein Leben und Werk.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos

Gedenktag: 8. Mai

Götter & Gelehrte – Die orthodoxe Kirche verehrt Johannes als den „Theologen“, einen Ehrentitel, den nur wenige Heilige tragen. Er steht für die tiefe geistige Durchdringung des göttlichen Mysteriums und die unvergleichliche Fähigkeit, die Essenz des Logos – des Wortes Gottes – in Worte zu fassen. Sein Evangelium hebt sich durch eine besonders mystische und theologische Tiefe hervor und unterscheidet sich von den synoptischen Evangelien durch eine betont spirituelle Sichtweise.

In der griechischen Überlieferung wird Johannes als der Lieblingsjünger Jesu bezeichnet – derjenige, der sich beim letzten Abendmahl an die Brust des Herrn lehnte und dem der Gekreuzigte Maria als Mutter anvertraute. Dieser besondere Status macht ihn zu einer zentralen Figur des christlichen Glaubens, nicht nur als Autor des Evangeliums, sondern auch als spirituellen Mittler zwischen Christus und der frühen Kirche.

Die orthodoxe Überlieferung besagt, dass Johannes seine letzten Jahre in Ephesos verbrachte, wo er nicht nur das Evangelium verfasste, sondern auch als Lehrer und Prediger wirkte. Die bedeutende Kirche, die über seinem angeblichen Grab errichtet wurde, ist bis heute ein Zeugnis seiner anhaltenden Verehrung. Die östliche Tradition hält daran fest, dass er nicht durch das Martyrium starb, sondern eines natürlichen Todes entrückt wurde – ein Glaube, der seine außergewöhnliche Nähe zu Gott widerspiegelt.

Neben dem Evangelium wird Johannes auch als Verfasser der Offenbarung (Apokalypse) angesehen, die auf der Insel Patmos empfangen wurde. Diese Schrift, die eine zentrale Rolle in der orthodoxen Eschatologie spielt, gilt als göttlich inspirierte Prophezeiung über das Ende der Zeiten und die triumphale Wiederkunft Christi. Besonders in der byzantinischen Theologie hat die Apokalypse eine herausragende Bedeutung, da sie den Gläubigen Hoffnung und geistige Orientierung bietet.

Die Ikonen des Johannes zeigen ihn häufig als einen in Gedanken versunkenen, von göttlicher Inspiration erfüllten Greis. Oft wird er mit einem geflügelten Adler dargestellt, der für die himmlische Weisheit seines Evangeliums steht. Eine der bekanntesten Darstellungen zeigt ihn gemeinsam mit seinem Schüler Prochoros, dem er das Evangelium diktiert. Diese Darstellung betont die mündliche Überlieferung und die göttliche Inspiration seiner Schriften.

Das Johannesevangelium beginnt mit den berühmten Worten: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Joh 1,1) Diese Aussage bildet die Grundlage der orthodoxen Christologie und trinitarischen Theologie. Johannes hebt die göttliche Natur Christi stärker hervor als die anderen Evangelisten und unterstreicht die Einheit zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. In der orthodoxen Liturgie spielt das Johannesevangelium eine zentrale Rolle, insbesondere während der Osternacht, in der die triumphale Botschaft der Auferstehung verkündet wird.

Die griechisch-orthodoxe Kirche betrachtet Johannes als den Brückenbauer zwischen irdischer Realität und göttlichem Geheimnis. Seine Werke sind nicht nur theologische Abhandlungen, sondern lebendige Zeugnisse eines tiefen geistigen Lebens. Die Klöster und Kirchen, die ihm gewidmet sind, insbesondere das berühmte Johanneskloster auf Patmos, bleiben Zentren des Gebets und der theologischen Reflexion.

An seinem Gedenktag am 8. Mai wird Johannes in den orthodoxen Kirchen mit feierlichen Liturgien, Gebeten und Hymnen geehrt. Die Gläubigen erinnern sich an seine Liebe, seine Weisheit und sein unerschütterliches Zeugnis für die Wahrheit Christi. (jk)

Foto: Hellas-Bote

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