Rettung auf offener See: Hunderte Menschen erreichen Kreta – dramatischer Anstieg der Ankünfte

Das Meer südlich von Kreta ist in diesen Tagen erneut zur Bühne dramatischer Rettungsaktionen geworden. Innerhalb weniger Tage wurden dort mehr als 800 Flüchtlinge und Migranten aus teils überfüllten Booten geborgen. Es sind Bilder, die sich einprägen: erschöpfte Menschen, dicht gedrängt auf seeuntauglichen Schiffen, gerettet von Fischern, Küstenwächtern und europäischen Einsatzkräften – oft in letzter Minute.
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos

Aktuell/Kreta – Allein an einem einzigen Freitag griffen Einsatzkräfte knapp 400 Menschen auf, die sich auf dem offenen Mittelmeer in akuter Gefahr befanden. Insgesamt summierte sich die Zahl der Geretteten nach Angaben der griechischen Küstenwache auf rund 830 Personen. Die Boote waren südlich der Insel entdeckt worden, teils weit entfernt von der Küste, auf einer Route, die als besonders riskant gilt.

An den Einsätzen beteiligten sich nicht nur Patrouillen der griechischen Küstenwache, sondern auch Fischer aus der Region sowie Einheiten der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Immer wieder seien Notrufe eingegangen oder überladene Boote gesichtet worden, berichteten griechische Medien. Für viele der Helfer sind solche Einsätze längst trauriger Alltag geworden.

Die Küstenwache schildert erschreckende Details: Auf einigen der Boote befanden sich Dutzende Menschen, auf manchen sogar mehr als 100. Unter ihnen waren auch Minderjährige. Die Geflüchteten hatten ihre Fahrt demnach im libyschen Tobruk begonnen – ein Ausgangspunkt, der seit einiger Zeit verstärkt genutzt wird. Die rund 300 Kilometer lange Überfahrt über offenes Meer gilt als lebensgefährlich, insbesondere auf den oft schlecht ausgestatteten Booten.

Nach Angaben der Behörden sollen die Menschen hohe Geldbeträge für die Überfahrt gezahlt haben. Mehrere Personen, die im Verdacht stehen, als Schleuser agiert zu haben, wurden im Zuge der Rettungsaktionen festgenommen. Die Ermittlungen dazu dauern an.

Kreta steht damit zunehmend im Zentrum der Migrationsbewegungen im östlichen Mittelmeer. Die aktuellen Zahlen zeigen eine deutliche Entwicklung: In diesem Jahr sind nach Angaben der griechischen Küstenwache bereits mehr als 18.000 Flüchtlinge und Migranten auf der Insel angekommen. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr waren es rund 5.000. Der Anstieg ist erheblich – und stellt die Insel vor große organisatorische und humanitäre Herausforderungen.

Die Neuankömmlinge werden nach ihrer Rettung zunächst versorgt, medizinisch untersucht und registriert. Für viele beginnt damit ein ungewisser Weg. Während einige hoffen, in Griechenland bleiben zu können, sehen andere das Land nur als Zwischenstation.

Die griechischen Behörden betonen, dass die Rettung von Menschenleben oberste Priorität habe. Gleichzeitig wächst der Druck auf Politik und Verwaltung, tragfähige Lösungen für die steigenden Ankunftszahlen zu finden. Die jüngsten Ereignisse vor Kreta zeigen einmal mehr, wie gefährlich die Flucht über das Mittelmeer ist – und wie sehr sie weiterhin das Geschehen in der Region prägt. (jk)

Foto: Jim Black/Pixabay