In weiten Teilen Griechenlands droht die diesjährige Olivenernte deutlich geringer auszufallen: Monatelange Niederschlagsdefizite, hohe Temperaturen und ausgelaugte Speicher haben zu vertrockneten Oliven und einer verminderten Ölausbildung geführt.
Von HB-Redakteur Dietmar Thelen
Aktuell – Diese Entwicklung trifft nicht nur bäuerliche Existenzen, sondern hat auch Folgen für die regionale Wirtschaft, den Export und die Stabilität lokaler Arbeitermärkte. Wissenschaftlerinnen und Behörden sehen die Trockenheit als Ausdruck langfristiger Klimatrends; kurzfristig werden gezielte Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen gefordert.
Besonders betroffen sind die klassischen Produktionsgebiete auf dem Peloponnes (Messenien, Laconia), auf Kreta sowie auf Inseln wie Lesbos — Regionen, die einen großen Teil der griechischen Oliven- und Olivenölproduktion ausmachen. In diesen Gebieten zeigen viele Bäume bereits vor der Ernte sichtbare Trockenstress-Symptome; die Ölakkumulation in den Früchten blieb deutlich unter dem Erwarteten, teilweise wurde die Ernte bereits verschoben in der Hoffnung auf Herbstregen.
Die unmittelbare Ursache liegt in den fehlenden Niederschlägen des vergangenen Winters und Frühlings. Die natürlichen Wasserreserven in Böden und Reservoirs wurden nicht ausreichend aufgefüllt, wodurch die Olivenbäume in den heißen Sommermonaten auf sich allein gestellt waren. Hinzu kommt ein langfristiger Trend, der viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beunruhigt: Der Klimawandel verändert die Niederschlagsmuster im Mittelmeerraum, Winter werden milder, Hitzeperioden länger und die Abfolge von Dürrejahren dichter. All das führt dazu, dass auch die als besonders robust geltenden Olivenbäume immer häufiger an ihre Belastungsgrenze stoßen.
Für die Landwirte hat dies schwerwiegende Folgen. Viele Familienbetriebe, die seit Generationen von ihren Olivenhainen leben, sehen ihre Erträge deutlich schrumpfen. Die Menge des Öls pro Tonne Frucht sinkt, und manche Produzenten werden in diesem Jahr kaum kostendeckend arbeiten können. Neben den unmittelbaren wirtschaftlichen Sorgen wirkt sich das Problem auch auf die gesamte regionale Wirtschaft aus: Ölmühlen, Verarbeiter, Verpackungsbetriebe und nicht zuletzt der Tourismus in den Ernteregionen sind eng mit dem Olivenanbau verbunden. Weniger Ernte bedeutet weniger Arbeit für Saisonkräfte, steigende Fixkosten für die Mühlen und potenziell steigende Preise für die Verbraucher. Auch wenn in einigen Fällen die Qualität des Öls durch den Stress sogar besser sein kann, reicht die geringe Menge nicht aus, um die Verluste aufzufangen.
Neben den ökonomischen Schwierigkeiten belasten auch emotionale und soziale Folgen die Menschen in den Dörfern. Für viele ist der Olivenbaum nicht nur ein Nutzgewächs, sondern Symbol für Tradition, kulturelles Erbe und Altersvorsorge. Wiederholte Ernteausfälle erzeugen Existenzangst, manche junge Menschen sehen keine Zukunft mehr in der Landwirtschaft und verlassen die Region. Die Trockenheit steigert zudem das Risiko von Waldbränden, die Olivenhaine vollständig zerstören können und nicht selten zu irreparablen Schäden an Böden und Landschaft führen.
Kurzfristig hoffen die Betroffenen auf staatliche Hilfsprogramme, die finanzielle Unterstützung und Liquidität sichern könnten. Auch Überbrückungskredite und Entschädigungen sind im Gespräch. Gleichzeitig versuchen viele Betriebe, pragmatische Lösungen zu finden: Sie ernten nur dort, wo es sich lohnt, teilen sich Maschinen mit Nachbarn oder dokumentieren Schäden sorgfältig, um später Ansprüche geltend zu machen. Auf längere Sicht wird deutlich, dass Anpassungsmaßnahmen unverzichtbar sind. Dazu gehören effizientere Bewässerungssysteme wie Tropf- oder Mikroberegnung, die Nutzung von Regenwasser und ein besseres Bodenmanagement mit Humusaufbau und Erosionsschutz. Auch die Wahl trockenheitsresistenter Sorten oder eine Diversifizierung der Kulturen könnten helfen, die Risiken zu mindern. Versicherungen gegen Dürreschäden oder eine stärkere Wertschöpfung durch hochwertige, zertifizierte Öle sind weitere Bausteine, mit denen sich Landwirte besser absichern könnten.
Politik und Europäische Union stehen dabei ebenfalls in der Verantwortung. Neben kurzfristiger Nothilfe sind langfristige Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Beratung notwendig. Wasserressourcen müssen besser gemanagt, Fördermittel leichter zugänglich gemacht und bäuerliche Strukturen gestärkt werden. Gleichzeitig bleibt der übergeordnete Klimaschutz entscheidend: Ohne eine Verringerung der globalen Emissionen drohen Extremereignisse wie die aktuelle Dürre zur neuen Normalität zu werden.
Die aktuelle Situation ist ein Weckruf. Griechenlands Olivenhaine sind nicht nur wirtschaftlich von großer Bedeutung, sie prägen auch Landschaft, Kultur und Lebensweise. Wenn Landwirte, Genossenschaften, Politik und Wissenschaft jetzt entschlossen zusammenarbeiten, können sie Wege finden, die Betriebe widerstandsfähiger zu machen und die Zukunft des Olivenöls im Land zu sichern. Bleiben die Anstrengungen jedoch aus, besteht die Gefahr, dass wiederkehrende Ernteausfälle zu einem tiefgreifenden Strukturbruch in ganzen Regionen führen. So wird die diesjährige Dürre nicht nur als eine schwierige Saison in Erinnerung bleiben, sondern als Mahnung, die notwendigen Anpassungen und Maßnahmen nicht länger aufzuschieben. (dt)
