Wo Hellas weiterlebt: Griechische Spuren im Herzen Süditaliens – das sprachliche Erbe der Griko-Kultur

In den sanften Hügeln Apuliens und den rauen Landschaften Kalabriens lebt ein beinahe vergessenes Echo der Antike fort – Griko, eine faszinierende Sprachinsel griechischer Herkunft, deren Klang und Struktur an eine jahrtausendealte Verbindung zwischen Griechenland und Süditalien erinnert.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler

Geschichte – Die Sprache, deren Wurzeln wahlweise bis in die Zeit der griechischen Kolonisation im 8. Jahrhundert v. Chr. oder in die Ära byzantinischer Siedler im Mittelalter zurückreichen, bildet heute ein lebendiges Mosaik aus altgriechischen, mittelgriechischen und italienischen Elementen.

Besonders in der Region Grecìa Salentina im südlichen Apulien – etwa in Orten wie Calimera, Martano oder Soleto – sind griechische Wurzeln nicht nur in der Sprache, sondern auch in Musik, Tanz, Brauchtum und Architektur spürbar. Die Dorfbewohner dort sprechen ein Griko, das stark vom Altgriechischen geprägt ist – erkennbar etwa an Partikeln wie denge und umme, die einzigartig in der heutigen Sprachlandschaft Europas sind. Es ist eine Sprache, die Geschichten erzählt – von Homer bis zu den byzantinischen Kaisern, von dorischen Seefahrern bis zu apulischen Olivenbauern.

Auch in den entlegenen Ortschaften Südkalabriens, wo das sogenannte Grecanico noch von einigen wenigen, meist älteren Menschen gesprochen wird, hallt der griechische Ursprung nach. Diese Gemeinden kämpfen nicht nur gegen die Sprachverdrängung, sondern auch um die kulturelle Identität, die untrennbar mit der griechischen Geschichte verwoben ist.

Griko ist heute vom italienischen Parlament als anerkannte Minderheitensprache geschützt – doch das Überleben dieser einzigartigen sprachlichen Brücke zwischen Griechenland und Italien hängt maßgeblich vom Engagement lokaler Kulturvereine, Schulen und Sprachinitiativen ab.

Die Griko-Sprache steht sinnbildlich für die kulturelle Durchlässigkeit des Mittelmeerraums: ein lebendiges Zeugnis griechischer Diaspora, das über Jahrhunderte hinweg Wellen geschlagen hat – bis heute. (sk)

Foto: Hellas-Bote