Von den heiligen Feldern der Azteken bis in die Regale moderner Bioläden: Der Amarant (Amaranthus), auch Fuchsschwanz genannt, kehrt zurück – als Symbol für Gesundheit, Nachhaltigkeit und kulturelles Gedächtnis.
Von HB-Redakteur Panos Ventouris
Natur & Umwelt – Zwischen zarten violetten Blüten, sattgrünen Blättern und den feinen Körnchen, die golden in der Sonne glänzen, verbirgt sich eine Pflanze, die Geschichte atmet: Amarant, jene geheimnisvolle Gattung aus der Familie der Fuchsschwanzgewächse, ist weit mehr als nur ein „Superfood“. Sie ist ein botanisches Denkmal – und ein kulinarischer Schatz, der heute wieder neu entdeckt wird.
Uralte Völker wie die Inka, Azteken und Maya kannten seine Kraft längst. In rituellen Zeremonien wurde Amarant geopfert, gegessen und verehrt. Der Name selbst kommt aus dem Griechischen: Amarantos – „der Unvergängliche“. Und das nicht ohne Grund. Amarant überdauert die Zeiten – sowohl als Pflanze als auch als kulturelles Symbol.

Vegetativ zeigt sich Amarant meist als einjährige, krautige Pflanze, seltener mehrjährig. Ihre Stängel, aufrecht oder verzweigt, sind glatt oder kraus behaart. Die Laubblätter, wechselständig angeordnet, zeichnen sich durch rhombische Form und oft eingerundete Spitzen aus. Sie können kahl oder fein behaart sein und erinnern in Duft und Geschmack leicht an jungen Spinat – kein Zufall, denn auch kulinarisch zeigt sich der Amarant äußerst vielseitig.
Generativ zeigt Amarant seine wahre Schönheit: Die kleinen, eingeschlechtlichen Blüten stehen dicht gedrängt in eindrucksvollen Blütenständen – sei es in rispenförmigen Ähren oder knäuelförmigen Achselständen. Die Pflanzen sind meist einhäusig, seltener zweihäusig getrenntgeschlechtlich. Die winzigen Samen – kugelig bis linsenförmig und kleiner als ein Millimeter – sind es, die heute als Pseudogetreide große Beachtung finden.
Mit weltweit 60 bis 98 Arten hat die Gattung Amaranthus fast alle Kontinente erobert. Ihr Ursprung liegt überwiegend in der Neuen Welt – in den trockenen Steppen, auf Ödland und in Kulturland. Besonders in Nord- und Südamerika sind zahlreiche Arten beheimatet.
In Europa war Amarant lange Zeit kaum verbreitet – bis sich einzelne Arten wie Amaranthus graecizans oder Amaranthus blitum subsp. oleraceus im Mittelmeerraum etablierten. In Griechenland gehört der Griechische Amarant (Amaranthus graecizans) zu den einheimischen Arten. Seine zarten Blätter werden dort traditionell als Wildgemüse verwendet – etwa gedünstet als Beilage oder als Füllung in Teigtaschen. Inzwischen findet man Amarantarten auch in Mitteleuropa, besonders in warmen, nährstoffreichen Böden. Der Klimawandel und die Ausweitung des Maisanbaus haben zur zunehmenden Ausbreitung beigetragen – auch als sogenanntes „Unkraut“.
Die Andenbewohner nennen ihn Kiwicha, die Azteken Huautli – für beide war er neben Mais und Quinoa heilig. In der präkolumbianischen Welt nahm Amarant nicht nur eine ernährungsphysiologische, sondern auch eine rituelle Rolle ein. Doch der kulturelle Bruch kam mit der spanischen Eroberung: Aus Angst vor heidnischen Riten verboten die Konquistadoren den Anbau unter Todesstrafe. Eine der ältesten Nutzpflanzen der Menschheit verschwand für Jahrhunderte beinahe von der Bildfläche – bis sie im 20. Jahrhundert von Ethnobotanikern und Ernährungsexperten wiederentdeckt wurde.
Amarant ist ein wahres Multitalent in der Küche:
- Samen: glutenfrei, nussig im Geschmack, reich an Eisen, Magnesium, Calcium und hochwertigem Eiweiß. Als Pseudogetreide dient er heute als Mehlgrundlage für glutenfreies Backen, als Flocken im Müsli oder gepufft in Riegeln.
- Blätter: gekocht wie Spinat oder roh als würziges Grün in Salaten – reich an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen.
- Wurzeln und Blüten: können gekocht oder fein verarbeitet verwendet werden, wobei die süßlich-erdige Note an Rote Bete erinnert.
In der Lebensmittelindustrie wird Amarant vor allem in Kinder- und Babynahrung, aber auch in Snacks, Müslis, Pasta und sogar Wurstwaren verwendet. Glutenfreies Amarant-Bier ist ebenfalls Gegenstand aktueller Forschung.
Trotz seiner beeindruckenden Nährwerte – insbesondere der hohe Anteil an essentiellen Aminosäuren, Eisen, ungesättigten Fettsäuren und Ballaststoffen – birgt Amarant auch Herausforderungen: Der hohe Gehalt an Oxalsäure kann bei empfindlichen Menschen (z. B. mit Nierensteinrisiko) problematisch sein. Zudem hemmen enthaltene Gerbstoffe die Aufnahme mancher Vitalstoffe. Eine bewusste Zubereitung – z. B. durch Auswaschen und schonendes Kochen – hilft, diese Stoffe zu reduzieren.
Schon in der Antike galt Amarant als „unvergänglich“. Plinius der Ältere erwähnte ihn ebenso wie Dioskurides. Ob als Heilpflanze oder Marienblume – der Amarant wurde zum Symbol des Ewigen, des Unzerstörbaren. Noch heute lebt diese Symbolik fort – etwa im Lied Amaranth der Band Nightwish, die die Pflanze als Bild für unvergängliche Schönheit verwendet. Auch das Enya-Album Amarantine spielt auf dieselbe Symbolkraft an. (pv)

