Ikaria: Blue Zone des Ikarus

Die Insel, auf der in der griechischen Mythologie der Erfinder und Baumeister Daidalos seinen übermütigen Sohn beigesetzt haben soll, gehört nicht nur zu den wenigen Blue Zones auf dieser Welt, sie lockt mit Ursprünglichkeit und abwechslungsreichen Eindrücken.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou

Ikaria – Die griechische Insel Ikaria zählt du den bisher fünf identifizierten Blue Zones der Welt – also Regionen, in denen Menschen länger als der Durchschnitt leben. Mindestens ein Drittel der Einwohner müssen dazu über 90 Jahre alt werden und so ist es nicht verwunderlich, dass Ikaria auch gerne als Insel der 100-Jährigen bezeichnet wird. Die Insel in der Ostägäis stellt zusammen mit Samos den nördlichen Abschluss der Südlichen Sporaden dar und auf den etwas über 255 km² wohnen nicht einmal 10.000 Menschen.

Studien sehen die Langlebigkeit der Ikarier in der Ernährung, der Genetik und dem besonderen Lebensstil, wobei ein Urlaub wohl leider nichts an der eigenen Lebenserwartung ändern wird. Die Seele allerdings wird er zur Ruhe kommen lassen, denn während die Nachbarinseln eher für das Partyleben bekannt sind, geht es auf Ikaria ein ganzes Stück ruhiger zu. Raue Landschaft verbindet sich hier mit traumhaften Stränden und erholsamer Atmosphäre bis hin zu abwechslungsreichen Wanderstrecken.

Foto: Hellas-Bote

Eigentlich unverständlich, dass Ikaria immer noch eher selten auf den Zielen des Sommerurlaubs steht, denn gerade während warmen Zeit punktet die Insel mit ihren fast täglichen Dorffesten. Auch der bekannte Musiker Mikis Theodorakis sang über Ikaria, gut, was blieb ihm übrig, denn im Bürgerkrieg 1947 wurde er auf das wilde Eiland verbannt. Er war nicht alleine, denn die griechische Militärdiktatur (1967 – 1974) erklärte Ikaria zur Verbannungsinsel und so ist die linke Gesinnung heute noch überall spür- und sichtbar.

Die Geschichte der Insel begann allerdings bereits im 8. Jahrhundert vor Christus, eine Zeit, in der die Insel von Milet aus besiedelt wurde. Ungefähr ab dem 2. Jahrhundert vor Christus gehörte Ikaria zu Samos. Bereits früh wurde sie als Verbannungsort genutzt, wie erhaltene Funde aus der byzantinischen Zeit zeigten. Dann, ab 1204, wurde die Insel zunächst fränkische Baronie, ab 1304 fiel sie an die Genuesen von Chios, ab 1481 an die Johanniter von Rhodos und ab 1523 an die Osmanen, wo sie bis zum Jahr 1912 blieb.

Foto: Hellas-Bote

Als der italienisch-türkische Krieg ausbrach, nahmen am 17. Juli 1912 Einheimische eine dreißig Mann starke türkische Garnison gefangen und riefen am nächsten Tag kurzerhand den Freistaat Ikaria aus. Der hielt bis zum 4. November 1912, als die griechische Marine die Insel besetzte. Im Jahre 1913 wurde die Insel an Griechenland angegliedert, auch wenn sie im Zweiten Weltkrieg erst unter italienischer und später unter deutscher Besatzung stand. Auf den Zweiten Weltkrieg folgte der griechische Bürgerkrieg zwischen Nationalisten und Kommunisten, der von 1946 – 1948 dauern sollte und den Grundstein für die Ausrichtung der Insel legen sollte.

Die neue griechische Regierung, welcher die siegreichen Nationalisten angehörten, nahm die Idee der Verbannungsinsel wieder auf und schickte bis zu 13.000 Kommunisten in das Exil. Auch heute noch wird die Insel deshalb als „Roter Fels“ beschrieben.

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Zu den Sehenswürdigkeiten zählen natürlich die Inselhauptstadt Agios Kirykos und das Dörfchen Therma, bekannt für die antiken Thermalquellen. Das 50 °C-heiße Wasser enthält Radium, Schwefel und Radon und lockt auch die Einheimischen gerne für einen Ausflug. Weitere Quellen liegen westlich von Agios Kirykos bei Therma Lefkados am Meer. Kurz hinter dem Flughafen der kleinen Insel Ikaria liegt zudem das kleine Dörfchen Agia Kiriaki. Hierhin muss man sich schon fast verirren, denn nur wenige Häuser liegen an der kleinen Bucht. Wer näher hinsieht der bleibt gerne und nutzt den Aufenthalt für eine Ruhepause in der Naturthermalquelle.

Nordöstlich vom Flughafen Ikaria Island National Airport „Icarus“ führt eine unbefestigte Holperstrecke an dem kleinen Ort Faros vorbei zu den Ruinen der historischen Festung Drakano. Der Eintritt ist frei. Geöffnet ist die Anlage von Montag-Mittwoch sowie Freitag-Sonntag von 09:00 Uhr – 15:30 Uhr, donnerstags ist der Zugang geschlossen (Achtung: Diese Zeiten können sich durchaus ändern, es gab auch schon den Montag und Sonntag als Ruhetag). Verschiedene Tafeln bieten eine Übersicht über das Gelände und die archäologischen Funde.

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Den größten Strand auf der griechischen Insel Ikaria finden Sonnenanbeter in Faros, dem nordöstlichsten Dorf der „Blue Zone“. Mit seinem kristallklaren Wasser bietet er das perfekte Postkartenmotiv.

Im Norden der Insel Ikaria, rund 33 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Agios Kirykos, liegt Evdilos und der zweitgrößte Hafen der bekannten „Blue Zone“ – ein traditionelles Dorf mit einer abwechslungsreichen Meile zum Genießen. Die zweistöckigen Häuser, welche die Reisenden der Fähre bei ihrer Ankunft in Evdilos empfangen, geben einen ersten Eindruck von den wunderbaren Erinnerungen, die am Ende des Aufenthaltes mit nach Hause genommen werden können. Das Dörfchen bietet einen ganz eigenen Charme, das meiste Treiben sammelt sich rund um den Hafen. Hier locken Tavernen, Cafés – aber auch die Post und ein Geldautomat.

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Das beeindruckende Atheras-Gebirge teilt die Insel Ikaria in die grüne, fruchtbare Nordhälfte und die felsige, karge Südhälfte. In der Antike als Pramnos benannt, bietet eine der höchsten Spitzen bereits seit dem 10. Jahrhundert den perfekten Ort für die als uneinnehmbare Burg von Koskina, welche auch als Burg von Ikaria bekannt ist. Sie ist die wichtigste Burg auf der Insel, die heute noch besichtigt werden kann.

Unbedingt auf dem Plan der Besichtigungen sollten aber zwei weitere Highlights stehen: das Bergdorf Christos Rachon und die berühmte Felsenkirche Theoktistis.

Foto: Hellas-Bote

Das Bergdorf Christos Rachon auf 500 Meter Seehöhe ist bekannt für den ungewöhnlichen Lebensrhythmus der Einwohner. Tatsächlich sind die Öffnungszeiten ein wenig anders und besonders nach Sonnenuntergang erwacht das authentische Flair zum Leben. Christos, Christos Rachon, Christos Raches oder auch nur Raches gilt heute noch als „roter Fels“, als kommunistische Hochburg. Das mag auch daran liegen, dass die im Westen der Insel gelegene Siedlung eben einfach etwas anders tickt und ein wenig wie ein „gallisches Dorf“ aus den bekannten Comics mit den Hinkelsteinen an den Dorfeingängen wirkt.

Das Moni (Kloster) Theoktistis, mit dem Highlight der berühmten Felsenkirche, zählt zu den bekanntesten Klöstern auf der griechischen Insel Ikaria. Gewidmet dem Heiligen Theoktistis von Lesvia, dem Patron der Insel Ikaria, finden Besucher das Kloster auf der nördlichen Seite der Insel, in der Nähe des Dorfes Pigi, mitten in den Bergen. Erbaut wurde das Kloster im 15. Jahrhundert von dem Mönch Meletios, zu besichtigen ist heute die Kirche von Theoktisti aus dem Jahre 1688 mit historischen Wandgemälden und die berühmte Felsenkirche. Den Erzählungen nach wurden die Reliquien des Heiligen in einer Höhle unter dieser Kapelle gebettet. (mv)

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