Das verborgene Erbe von Amphipolis: Enthüllungen aus dem Kasta-Grab

In der sanften Hügellandschaft Nordgriechenlands, unweit des modernen Dorfes Nea Amfipoli, erhebt sich der Kasta-Hügel, der ein archäologisches Juwel von immenser historischer Bedeutung birgt: das Kasta-Grab, auch bekannt als Grab von Amphipolis. Diese monumentale Grabanlage, die größte ihrer Art in Griechenland, bietet tiefe Einblicke in die makedonische Kultur des späten 4. Jahrhunderts v. Chr.​
Von HB-Redakteur Jorgos Kontos

Geschichte/Reisen – Die Stadt Amphipolis, gegründet im Jahr 437 v. Chr. von dem athenischen Feldherrn Hagnon, spielte eine strategische Rolle in der Kontrolle über die nahegelegenen Gold- und Silberminen. Ihre Bedeutung wuchs während des Peloponnesischen Krieges, insbesondere durch die Bereitstellung von Holz für den Schiffbau und die Einnahmen aus den Bergwerken. Im Jahr 356 v. Chr. wurde Amphipolis von Philipp II. von Makedonien erobert und in sein Königreich eingegliedert.​

Die Existenz des Kasta-Grabes war seit den 1960er Jahren bekannt, als der Archäologe Dimitris Lazaridis erste Hinweise auf Gräber aus der Eisenzeit entdeckte und Teile der Umfassungsmauer freilegte. Erst 2012 wurden unter der Leitung von Katerina Peristeri die Grabungen intensiviert, die schließlich im August 2014 zur Enthüllung der beeindruckenden Grabanlage führten.​

Das Grab ist von einer nahezu kreisrunden Marmorverkleidung umgeben, mit einem Durchmesser von 158,4 Metern und einem Umfang von 497 Metern. Diese drei Meter hohe Mauer besteht aus Kalkstein, der mit Marmor von der nahegelegenen Insel Thassos verkleidet wurde. Der Grabhügel selbst erreicht eine Höhe von etwa 30 Metern und erforderte rund 250.000 Kubikmeter Sand für seine Aufschüttung. Archäologen datieren den Bau des Grabes auf die Zeit zwischen 325 und 300 v. Chr.​

Der Zugang zum Grab erfolgt über eine 13-stufige Treppe, die in eine erste Kammer führt. Der Türsturz dieses Eingangs wird von zwei Sphingen bewacht, deren Köpfe und Flügel teilweise in der dritten Grabkammer gefunden wurden. Diese Sphingen, ursprünglich etwa zwei Meter hoch, symbolisieren möglicherweise den Schutz des Grabes. Der Boden der ersten Kammer ist mit weißen Marmorstücken bedeckt, die in roten Mörtel eingebettet sind, was auf die kunstvolle Gestaltung der Anlage hinweist.​

Die zweite Kammer, getrennt durch eine Schwelle, beeindruckt mit zwei Karyatiden, die den Türsturz zum nächsten Raum tragen. Diese 2,27 Meter hohen Figuren stehen auf 1,40 Meter hohen Podesten. Der Boden dieser Kammer ist mit einem Mosaik verziert, das den Raub der Persephone durch Pluto darstellt, begleitet von Hermes, dem Führer der Seelen in den Hades. Dieses Mosaik, gehalten in Schwarz, Weiß, Grau, Gelb, Blau und Rot, zeugt von der hohen Kunstfertigkeit der damaligen Zeit.​

Die finale Grabkammer wird durch eine zweiflügelige Marmortür betreten, die hölzerne Türen nachahmt, komplett mit angedeuteten Beschlägen und Nägeln. In dieser Kammer fanden Archäologen ein kistenförmiges Grab, eingefasst und abgedeckt mit massiven Steinplatten. Obwohl das Grab geplündert wurde, blieben Nägel eines Holzsarges und Schmuckelemente aus Bein und Glas erhalten. Die Überreste von fünf Personen wurden entdeckt: eine etwa 60-jährige Frau, zwei Männer im Alter von 35 bis 45 Jahren, ein Kleinkind und eine weitere Person, die eingeäschert wurde.​

Die genaue Identität der Bestatteten bleibt ein Rätsel. Frühere Spekulationen, dass es sich um das Grab von Alexander dem Großen handeln könnte, wurden nicht bestätigt. Einige Forscher vermuten, dass das Grab für einen hochrangigen makedonischen Adligen oder eine Adlige errichtet wurde, möglicherweise aus dem engen Umfeld Alexanders.​

Im November 2017 kündigte die griechische Kulturministerin Lydia Koniordou an, dass das Grab in etwa drei Jahren für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Die geschätzten Kosten für dieses Vorhaben belaufen sich auf rund 2,8 Millionen Euro, wobei 1,5 Millionen Euro von der Region Zentralmakedonien und 1,3 Millionen Euro aus dem Interreg-Fonds der Europäischen Union stammen sollen. Im Rahmen dieser Arbeiten sollen Baumaterialien, die während der römischen Periode entfernt und anderweitig verwendet wurden, wieder an ihrem ursprünglichen Ort verbaut werden.​ (jk)

Foto: Neptuul, CC BY-SA 4.0, wikimedia.org

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