Zwischen Ouzo und Tango: Die Griechische Gemeinde Uruguays – Eine verborgene kulturelle Perle in Südamerika

Ein Reisebericht für Entdecker des kulturellen Mosaiks Montevideos.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou

Reisen – In den sonnenverwöhnten Straßen des Stadtteils Prado weht ein Hauch Ägäis durch die Luft. Wo man es vielleicht am wenigsten vermutet – im Herzen von Uruguay – lebt eine kleine, aber lebendige griechische Gemeinde, die ihre Jahrhunderte alte Kultur mit südamerikanischer Wärme vermischt hat. Die Geschichte der Griechisch-Uruguayer (Έλληνες της Ουρουγουάης) ist ein faszinierendes Kapitel der Einwanderung, das in keiner typischen Reiseführung auftaucht. Nur 103 Menschen gaben laut der Volkszählung 2011 Griechenland als ihr Geburtsland an – doch hinter dieser Zahl verbirgt sich ein Schatz an kultureller Tiefe, denn rund 3.500 Menschen können auf griechische Wurzeln verweisen.

Ein Spaziergang durch die Avenida de Abril 19 im Stadtteil Prado offenbart das Herzstück der griechischen Gemeinschaft: das Gemeindezentrum und die griechisch-orthodoxe Kirche Agios Nikolaos. Weiß-blau gestrichene Fensterläden, ein Glockenturm, der an die Dörfer Santorinis erinnert, und der Duft von frisch gebackenem Spanakopita machen den Ort zu einer Oase mediterraner Heimat.

Hier findet man nicht nur religiöse Andacht, sondern auch gelebte Kultur. Die Maria-Tsakos-Stiftung, benannt nach einer bedeutenden griechischen Familie aus der Schifffahrt, bietet kostenlosen Griechischunterricht, traditionelle Tanzkurse und Kochabende mit Moussaka, Dolmades und Baklava – ein Erlebnis für alle Sinne. Besucher sind herzlich willkommen, und wer das Glück hat, an einem der Sommerfeste teilzunehmen, erlebt ein Uruguay, das nach Zimt, Olivenöl und Bouzouki-Musik schmeckt.

Die griechische Gemeinde in Montevideo mag klein sein, doch ihr Einfluss reicht weit über die Gemeindegrenzen hinaus. Der legendäre Fußballheld Obdulio Varela, Kapitän der uruguayischen Nationalmannschaft beim historischen WM-Sieg 1950 in Brasilien, trug griechisches Blut in den Adern – und damit auch ein Stück hellenischer Kampfgeist auf den Rasen der Fußballgeschichte. Auch andere Persönlichkeiten wie der Fußballer Fernando Kanapkis, Musikwissenschaftlerin Graciela Paraskevaidis und Dichterin Circe Maia zeugen vom kulturellen Beitrag dieser stillen, stolzen Gemeinschaft.

Wer Uruguay bereist, sollte sich nicht nur auf die Spuren von Asado und Mate-Tee begeben, sondern auch einen Nachmittag im Prado verbringen. In einer Stadt, in der Europa und Lateinamerika Hand in Hand gehen, bietet die griechische Gemeinde ein Fenster in eine andere Welt – eines, das sowohl Fernweh als auch Heimatgefühl weckt.

Ein Besuch bei den Griechisch-Uruguayern ist mehr als eine ethnologische Randnotiz. Es ist eine Einladung, die globale Vielfalt eines kleinen Landes zu entdecken – und sich von der Geschichte, der Herzlichkeit und der Lebensfreude einer besonderen Minderheit verzaubern zu lassen.

Die Kirche St. Nikolaos und die Maria-Tsakos-Stiftung in Montevideo empfangen Gäste meist an Wochenenden oder bei öffentlichen Festen. Unbedingt vorher Kontakt aufnehmen – die Gastfreundschaft ist griechisch, aber die Uhr tickt uruguayisch: gemächlich und entspannt. (mv)

Griechisch-orthodoxe Kirche Saint Nicolas, Prado, Montevideo, Uruguay – Foto: Schwebefisch/Wikipedia