Unmittelbar an den Ersten #Weltkrieg schloss sich der Griechisch-Türkische Krieg an, der von 1919 bis 1922 andauern sollte. Noch heute erinnert ein Denkmal in der griechischen Hafenstadt Volos an diese grausamen Auseinandersetzungen.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou
#Volos – Der Erste Weltkrieg hatte seine Spuren hinterlassen, die Erinnerung war noch nicht verblasst, als die griechische Regierung eine Chance sah ihre Gebiete zu vergrößern. Von 1919 bis 1922 sollte der Griechisch-Türkische Krieg andauern zwischen dem Königreich Griechenland und dem verbliebenen, anatonischen Teil nach der Zerschlagung des Osmanischen Reiches.
Erst kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges hatte sich Griechenland der Entente zugewandt – ein 1907 gegründeter Zusammenschluss von Frankreich, Großbritannien und Russland. Neben Italien (welches 1915 der Entente beitrat) schlossen sich während des Ersten Weltkrieges unter anderem Griechenland, Belgien, Serbien, Japan und China dem Bündnis an. Das Osmanische Reich dagegen ergänzte kurz nach Beginn des Weltkrieges bereits als Verbündeter die Mittelmächte.
Als sich dann im Winter 1918/19 der Zerfall des Osmanischen Reiches ankündigte sah das Königreich Griechenland eine Chance für die Μεγάλη Ιδέα (Große Idee), mit der man griechisch bewohnte Teile Kleinasiens und griechisch bewohnte Restgebiete der Türkei gewinnen wollte. Selbst die Hauptstadt Istanbul schien in Reichweite mit den russischen Vorarbeiten. Im Gegenzug wollte die griechische Regierung dem türkischen Widerstand militärisch entgegenstehen.
Die Besetzung Izmirs durch griechische Truppen am 15. Mai 1919 war zunächst siegreich. Das Militär wurde mit Waffen und Material aus Großbritannien unterstützt. Was folgte war ein Massaker an türkischen Zivilisten, weshalb sich Griechenland später in den Verträgen von Lausanne verpflichtete Reparationen an die Türkei zu leisten. Die Türkei allerdings verzichtete auf die Zahlungen in Anbetracht der Umstände des Krieges und der finanziellen Situation Griechenlands. Die Invasion selbst allerdings löste, vorangetrieben durch Mustafa Kemal, landesweite Proteste aus. Unter ihm bildete sich in Ankara zudem das Fundament der zukünftigen türkischen Regierung.
In den kommenden Jahren sollte sein Antrieb dafür sorgen, dass die Kämpfe zwischen Griechenland und der Türkei immer wieder aufflammten. Am 26. August 1922 holten die Türken zu einer großen Gegenoffensive aus, welche die griechischen Linien bereits am zweiten Tag durchbrach. Am 30. August kam es zu einer vernichtenden Niederlage unter General Mustafa Kemal in der Schlacht von Dumlupınar. Hiernach mussten sich alle griechischen Truppen zurückziehen.
Der große, griechische Plan ging nicht auf und die Türken nahmen diesen Sieg als einen Erfolg im Türkischen Befreiungskrieg an. Heute noch feiern sie am 30. August den Zafer Bayramı (Tag des Sieges). In Griechenland fand danach nicht nur ein Staatsstreich statt, bei dem König Konstantin abdanken musste – es folgte auch die „Kleinasiatische Katastrophe“, als am 9. September 1922 Mustafa Kemal Atatürk Izmir mit seinen Truppen überrannte. Die Folgen des Krieges waren auf beiden Seiten umfassend – es kam zu Vertreibungen in großem Ausmaß und zu Zwangsumsiedlungen. Aus ihrer Heimat flohen hunderttausende orthodoxe Griechen, zehntausende starben während der Flucht, als das Griechentum in Kleinasien nach über 2.500 Jahren beendet wurde.
Der Kriegsreporter des Manchester Guardian, Arnold J. Toynbee, fasste die nachfolgenden Ereignisse in einem Satz zusammen (Andrew Mango, Atatürk. London 1999, ISBN 0-7195-5612-0): „Griechenland hatte sich als ebenso unfähig erwiesen wie die Türkei (oder überhaupt ein anderes westliches Land), eine gemischte Bevölkerung, die aus einer ausländischen Mehrheit und einer Minderheit ihrer eigenen Nationalität besteht, gut zu regieren.“ (mv)