Vor der griechischen Insel Lesbos hat sich in der Nacht zu Dienstag ein tragisches Bootsunglück ereignet, bei dem nach Angaben der griechischen Küstenwache mindestens vier Menschen ihr Leben verloren.
Von HB-Redakteurin Maria Vlachou
Aktuell – Sieben weitere Personen konnten lebend aus dem Wasser geborgen werden. Die Rettungskräfte setzten am frühen Morgen ihre Suche nach möglichen Vermissten fort – noch immer ist unklar, wie viele Menschen insgesamt an Bord des Unglücksbootes waren.
Das kleine, überfüllte Boot war nach bisherigen Erkenntnissen in den frühen Morgenstunden im Osten der Ägäis in Seenot geraten. Starke Winde und meterhohe Wellen sollen die Lage dramatisch verschärft haben. Die Einsatzleitung der griechischen Küstenwache teilte mit, dass ein heftiger Sturm die Rettungsarbeiten massiv erschwerte. Mehrere Patrouillenboote, ein Hubschrauber sowie Suchteams an Land seien seit den ersten Notrufen im Einsatz gewesen.
Nach Informationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ERT stammen die sieben Überlebenden aus dem Sudan. Sie wurden erschöpft, aber am Leben aus dem Meer gerettet und zur medizinischen Versorgung in ein Krankenhaus auf Lesbos gebracht. Angaben darüber, woher das Boot ursprünglich gestartet war, liegen bislang nicht vor. In ähnlichen Fällen handelt es sich häufig um Abfahrten von der türkischen Westküste, die nur wenige Seemeilen von der Insel entfernt liegt.
Die Gewässer zwischen der Türkei und Griechenland gelten seit Jahren als eine der gefährlichsten Routen für Geflüchtete in Europa. Viele Menschen wagen die Überfahrt in kleinen, meist kaum seetüchtigen Booten, in der Hoffnung auf ein sicheres Leben innerhalb der Europäischen Union. Trotz wiederholter Warnungen internationaler Organisationen und strenger Kontrollen durch die Küstenwachen beider Länder kommt es immer wieder zu schweren Unfällen.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) haben seit Beginn dieses Jahres bereits über 30.000 Migranten und Flüchtlinge die griechischen Inseln über den Seeweg erreicht – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten von ihnen kommen aus Ländern Afrikas und des Nahen Ostens, in denen Konflikte, Armut und politische Instabilität herrschen. Die Überfahrt von der türkischen Küste dauert je nach Wetterlage oft nur eine Stunde, kann jedoch bei schlechtem Seegang lebensgefährlich werden.
Während die griechischen Behörden weiter nach möglichen Überlebenden suchen, wächst auf Lesbos erneut die Sorge vor einer Zunahme solcher Tragödien. Die Insel, die seit Jahren im Zentrum der europäischen Flüchtlingspolitik steht, ist für viele Migranten der erste Anlaufpunkt in der EU. Hilfsorganisationen auf Lesbos berichten von einer angespannten Situation in den Aufnahmelagern und warnen vor Überlastung der humanitären Versorgung.
In den vergangenen Wochen hatte das Wetter in der Ägäis immer wieder extreme Bedingungen geschaffen, die für kleinere Boote kaum zu bewältigen sind. Nach ersten Einschätzungen der Küstenwache könnte der starke Wind der vergangenen Nacht eine entscheidende Rolle beim Kentern des Bootes gespielt haben. Die Ermittlungen zur genauen Ursache dauern an. (mv)

