Ein seltener, aber lebensgefährlicher Virusfall sorgt in Bayern für Aufmerksamkeit. Das Bornavirus hat erneut ein Menschenleben gefordert. Die Infektionswege bleiben diffus, doch Fachleute richten ihren Blick zunehmend auf unsere Haustiere.
Von HB-Redakteur Dietmar Thelen
Magazin – In einer bayerischen Gemeinde ist ein Mensch nach einer Infektion mit dem Bornavirus verstorben. Der Erreger ist in Deutschland wenig bekannt – dabei sind die Folgen dramatisch. Die Viruskrankheit endet bei Menschen in den meisten Fällen tödlich. Mediziner und Veterinäre mahnen zur Vorsicht, denn der Erreger scheint näher an unseren Alltagsgewohnheiten zu sein, als bisher angenommen. Träger des Virus ist die Feldspitzmaus, ein in Mitteleuropa verbreitetes Nagetier, das kaum auffällt. Sie selbst erkrankt nicht, trägt das Virus aber in sich und scheidet es über Körperflüssigkeiten aus. Damit wird sie zur versteckten Gefahrenquelle – insbesondere für andere Säugetiere, unter Umständen auch für Menschen.
Infektionen sind bislang äußerst selten, treten jedoch gehäuft in bestimmten Regionen wie Bayern, Sachsen und Teilen Thüringens auf. Die betroffenen Gebiete gelten als sogenannte Endemie-Regionen. Dort lebt auch der Mensch näher an den natürlichen Lebensräumen der infizierten Tiere – oft ohne es zu wissen.
Nach aktuellen Erkenntnissen könnten Hauskatzen, vor allem jene mit Zugang nach draußen, eine entscheidende Rolle bei der indirekten Verbreitung des Virus spielen. Zwar steckt sich der Mensch nicht direkt bei der Katze an, doch durch deren Jagdverhalten – das Erbeutete wird oft nach Hause getragen – gelangen Gewebereste infizierter Spitzmäuse in den menschlichen Lebensbereich. Einzelne Studien zeigen, dass ein Großteil der bisherigen Todesopfer in engem Kontakt zu Katzen lebte. Zwar gilt dieser Zusammenhang bislang nicht als bewiesen, doch die statistische Häufung ist auffällig.
Was das Virus besonders gefährlich macht: Es äußert sich zunächst unspezifisch. Betroffene klagen über grippeähnliche Symptome, wie Fieber, Kopfschmerzen oder ein allgemeines Krankheitsgefühl. Erst wenn das zentrale Nervensystem betroffen ist, werden die Beschwerden dramatisch – mit Krampfanfällen, Lähmungen und Bewusstseinsstörungen. Zu diesem Zeitpunkt ist eine gezielte Therapie kaum noch möglich.
Trotz aller Unklarheiten raten Fachleute zu klaren Vorsichtsmaßnahmen:
- Katzen in betroffenen Regionen möglichst im Haus halten
- Kontakt mit toten Kleintieren vermeiden
- Beim Umgang mit Katzenstreu oder Fundtieren Handschuhe tragen
- Veränderungen im Verhalten der Katze beobachten und tierärztlich abklären lassen
Für Menschen gilt: Wer nach Kontakt mit Katzen oder Nagetieren ungewöhnliche neurologische oder grippeähnliche Symptome entwickelt, sollte rasch medizinische Hilfe suchen und auf eine mögliche Bornavirus-Exposition hinweisen.
Derzeit gibt es keine zugelassene Behandlung gegen das Bornavirus, auch eine Impfung ist nicht verfügbar. Die Forschung steckt noch in den Anfängen, während Fachleute davon ausgehen, dass die Dunkelziffer von Infektionen höher liegt als vermutet. Das Robert-Koch-Institut beobachtet die Entwicklung genau – eine Ausbreitung über die bekannten Endemiegebiete hinaus sei aktuell jedoch nicht zu erwarten. (dt)
