Griechenland steht in diesem Sommer vor einer schweren Krise in der Olivenproduktion: Die Olivenfruchtfliege breitet sich rasant aus und verursacht massive Schäden an den Erträgen.
Von HB-Redakteur Panos Ventouris
Aktuell – Besonders betroffen sind Regionen in Kreta, auf den Ionischen Inseln sowie auf dem Peloponnes. Die klimatischen Bedingungen der vergangenen Monate haben ideale Voraussetzungen für die Vermehrung des Schädlings geschaffen – ein milder Winter und die aktuellen Temperaturen im Sommer führten dazu, dass sich die Population explosionsartig vergrößerte.

Die Olivenfruchtfliege (Bactrocera oleae) gilt als einer der bedeutendsten Schädlinge im Mittelmeerraum. Sie legt ihre Eier bevorzugt in noch unreife Oliven. Die daraus schlüpfenden Larven fressen sich durch das Fruchtfleisch, was zu Fäulnis, Ölabbau und Qualitätsverlust führt. Die betroffenen Früchte fallen häufig vorzeitig vom Baum oder weisen später hohe Säurewerte auf, was sie für die Ölgewinnung unbrauchbar macht. Ein einzelnes Weibchen kann Hunderte Eier legen, wobei jede befallene Olive als Brutstätte dient – ein massiver Befall kann daher innerhalb weniger Wochen ganze Ernten zerstören.
Die wirtschaftlichen Folgen für Griechenland sind gravierend. Qualitative und quantitative Schäden – etwa früh abfallende Früchte, verringerte Fruchtqualität, höhere Öl‑Säurewerte – können bis zu 15 % der jährlichen Produktion ausmachen. In Extremfällen können bis zu 80 % der Ölmenge verloren gehen oder bei bestimmten Tafelolivensorten sogar 100 %.
Bereits jetzt melden viele Produzenten teils massive Ausfälle, vor allem bei empfindlichen Sorten. Die Qualität des Olivenöls leidet deutlich, was sich nicht nur auf die Preise, sondern auch auf die Exportfähigkeit auswirkt. Viele kleine Betriebe geraten unter Druck, da sie sich die erhöhten Kosten für Spritzmittel, Überwachung und Arbeitsaufwand kaum leisten können. Parallel dazu steigen die Marktpreise für hochwertiges griechisches Olivenöl, was sich zunehmend auch auf Verbraucher in Europa und darüber hinaus auswirkt.
Besonders problematisch ist die Tatsache, dass die Olivenfruchtfliege mittlerweile Resistenzen gegen gängige chemische Mittel entwickelt hat. Auch übermäßiger Pestizideinsatz hat sich langfristig als kontraproduktiv erwiesen, da er natürliche Gegenspieler der Fliege wie parasitische Wespenpopulationen dezimiert. Zudem zeigen Studien, dass Monokulturen, übermäßige Bewässerung und fehlende Biodiversität in den Olivenhainen die Resilienz der Plantagen deutlich verringern.
Aktuell wird in Griechenland eine Kombination aus Methoden eingesetzt, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Dazu gehören Lockstofffallen, gezielte Köderbehandlungen, biologische Mittel wie entomopathogene Pilze sowie – in besonders betroffenen Gebieten – der Einsatz neuerer Insektizide mit gezielter Wirkweise. Parallel setzen einige Regionen zunehmend auf digitale Frühwarnsysteme und sogenannte „smarte Fallen“, die mithilfe von Sensoren und Algorithmen die Aktivität der Fliege in Echtzeit überwachen.
Langfristig fordern Agrarwissenschaftler einen Paradigmenwechsel in der Olivenproduktion: Weg von rein konventionellen Anbaumethoden, hin zu stärker biodiversitätsfördernden Systemen, die natürliche Feinde unterstützen und die Anfälligkeit der Plantagen reduzieren. Auch die Wahl resistenterer Olivensorten, die frühere Ernte und die Förderung traditioneller Anbaumethoden mit geringerer Eingriffsintensität rücken wieder stärker in den Fokus.
Die Olivenfruchtfliege bleibt damit nicht nur ein landwirtschaftlicher, sondern auch ein struktureller Prüfstein für die griechische Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels und globaler Marktveränderungen. Der Sommer 2025 könnte sich dabei als Wendepunkt erweisen – sowohl für den Umgang mit dem Schädling als auch für das Selbstverständnis einer Branche, die für Griechenland mehr als nur ein Wirtschaftszweig ist. (pv)
