In den malerischen Landschaften Griechenlands, zwischen den antiken Ruinen und den sonnenverwöhnten Weinhängen verbirgt sich ein einzigartiger Schatz der Weinkultur: der Retsina. Diese besondere Weinart, die seit über 2000 Jahren produziert wird, trägt eine unverwechselbare Handschrift, die sie von anderen Weinen abhebt – der Geschmack und das Aroma von Kiefernharz.
Von HB-Redakteurin Nadja Becker
Griechisch kochen/Tradition – Die Geschichte des Retsina reicht bis in die Antike zurück. Bereits die alten Griechen schätzten Wein als kostbares Gut. Um den Wein vor Oxidation und Verderb zu schützen, lagerten sie ihn in Schläuchen aus Ziegenfell oder in Amphoren, die mit Kiefernharz abgedichtet waren. Das Harz konservierte nicht nur den Wein, sondern verlieh ihm auch seinen charakteristischen Geschmack und machte ihn haltbarer. Mit der Zeit entwickelten die Winzer eine Vorliebe für dieses unverwechselbare Aroma und begannen, dem Wein bewusst Harz hinzuzufügen.
Retsina wird hauptsächlich aus den autochthonen Rebsorten Savatiano und Roditis hergestellt. Heute wird dem Retsina während der Gärung Kiefernharz in kleinen Stückchen zugegeben, um ein vergleichbares geschmackliches Ergebnis wie in der Antike zu erzielen. Während früher ein Harzanteil von bis zu 7,5 % üblich war, ist seit den 1960er Jahren zunehmend Retsina mit einem geringeren Harzgehalt von 1 bis 2 % anzutreffen. Das Harz wird erst beim ersten Abstich entnommen, was die Balance zwischen Harzaroma und Weingeschmack optimiert.
Zur Retsinaherstellung wird hauptsächlich das Harz der einheimischen Baumarten Kalabrische Kiefer (Pinus brutia) oder Aleppo-Kiefer (Pinus halepensis) verwendet, aber auch importiertes Sandarak-Harz findet Verwendung. Dieses Verfahren verleiht dem Wein seinen markanten Geschmack, der oft als harzig, würzig und leicht balsamisch beschrieben wird. Trotz seiner kräftigen Aromatik bleibt der Retsina meist leicht und frisch, mit einer angenehmen Säure und einem trockenen Abgang.
Retsina ist ein vielseitiger Begleiter in der griechischen Küche. Besonders gut harmoniert er mit Meeresfrüchten, gegrilltem Fisch und leichten Vorspeisen wie Tzatziki und Oliven. Auch zu würzigen Gerichten wie Moussaka oder Souvlaki passt der harzige Wein hervorragend. Traditionell wird Retsina gut gekühlt serviert, um seine Frische und Lebendigkeit zu betonen.
Lange Zeit galt Retsina außerhalb Griechenlands als kurioser Exot, der die Gemüter spaltete. Doch in den letzten Jahren erlebt der Harzwein eine Renaissance. Dank innovativer Winzer, die alte Traditionen mit modernem Weinbau kombinieren, gewinnt Retsina zunehmend Anerkennung in der internationalen Weinszene. Immer mehr Weinkenner und Sommeliers entdecken die Vielseitigkeit und Einzigartigkeit dieses traditionsreichen Weins.
Ein Glas Retsina ist mehr als nur ein Getränk – es ist ein Schluck lebendiger Geschichte und Kultur. Es verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart und lässt die alten Traditionen der griechischen Winzer wieder aufleben. Wer Retsina probiert, taucht ein in die reiche Weinbaugeschichte Griechenlands und genießt einen Wein, der seit Jahrtausenden die Sinne der Menschen erfreut. (nb)