Moni Evangelismou: Eine Reise, die unauslöschlich in das eigene Lebensbuch geschrieben wurde

Erst 1974 wurde das Kloster reaktiviert, ist als Frauenkloster fest mit der Mönchsrepublik Athos verbunden – in der Frauen verboten sind. Das Kloster zwischen Ormylia und Vatopedi ist selbst so groß wie ein Dorf. Beim Mokka „durchleuchten die Nonnen die Seele der Besucher“.
Von Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz

Chalkidiki/Nordgriechenland – Nur selten lege ich das Kreuz um meinen Hals ab, dabei habe ich es immer. Ja, ich bin eine gläubige Christin, auch wenn das häufig in der heutigen Gesellschaft zu „komischen“ Blicken führt. Das heißt nicht, dass mein Tagesablauf durch meinen Glauben bestimmt wird, aber er begleitet mich auf jedem Schritt. Die Möglichkeit ein so großes orthodoxes Kloster wie das Moni Evangelismou/Ormylia auf Chalkidiki besuchen zu können, flutet mich deshalb bereits im Vorfeld mit Freude, noch glücklicher erfüllt mich das Wissen, dass wir heute zu einer kleinen Gruppe von Gästen gehören die eingeladen wurden an der sonntäglichen Liturgie im nichtöffentlichen Heiligtum des Klosters teilzunehmen.

Foto: Hellas Bote

Nur zwischen Eucharistiefeier und Vesper wird wenigen Ausgewählten ein beschränkter Zugang gewährt. Bereits gestern haben wir dem Kloster einen Besuch abgestattet, haben den öffentlichen Bereich besucht, in welchem sich zahlreiche Pilger und Besucher aufhalten. Wie jeder, der sich hier niederlässt, sind wir von einer der Ordensschwestern zu einem Kaffee eingeladen worden – mit einem Gespräch über die Geschichte des Klosters und das Klosterleben. Meist wird das Gespräch auf Englisch geführt, ich kann mich glücklich schätzen einen Mann an meiner Seite zu haben, der so hervorragend griechisch spricht und meine zahlreichen Fragen in die Landessprache übersetzt.

Unsere Gesprächspartnerin, Efthimia (die Fröhliche) ist gerade selber erst 40 Jahre alt, seit ihrem 18. Lebensjahr ist das Kloster ihre Heimat. Der Name passt wie angegossen. Schon mit zehn Jahren hätte sie gewusst, dass das ihr Lebensweg ist. Über 100 Nonnen leben hier, alle Altersstufen sind vertreten, viele junge Frauen sind dabei, jedes Jahr kommen neue hinzu. Wir beide haben so viele Fragen, ganz besonders der Tagesablauf und die Nachwuchsarbeit interessieren mich hinter den hohen Mauern.

Foto: Hellas Bote

Ihre Augen leuchten hinter der Brille, das Gesicht fest von dem schwarzen Ordenskleid eingefasst. Die Zeit vergeht, langsam wird das Übersetzen für meine fantastische bessere Hälfte schwierig, so tief tauchen wir ein in den christlichen Glauben. Ob wir Interesse hätten morgen an der Messe teilzunehmen, fragt sie plötzlich. Dürfen wir das überhaupt? Ja, eine kleine Handvoll Pilger wird eingeladen …

Es ist Muttertag, was für ein Tag wäre passender für ein Kloster, das unter dem Schutz Marias steht. Handys sind hier verboten, keine Fotos stören den Respekt. Wir werden schon erwartet, wurden bereits am Vortag angekündigt. Der Schritt durch das Tor zum inneren Kreis des Klosters erfüllt mit Achtung, eine tief greifende Erfahrung. Es ist ruhig, alles wirkt ausgeglichen, vereint Herz und Seele. Keine Glocke ertönt, dafür ein Klopfen auf Holz. Der Ruf zum Gebet ist ungewöhnlich, denn hier wird auf das Holz geschlagen aus welchem die Arche Noah gebaut wurde. Passend, denn vor der Kirche sind dreidimensionale Steinfresken der Arche Noah und den geretteten Tieren von den Schwestern in den Boden gearbeitet worden.

In der Kirche eingetreten nimmt uns eine andere Nonne an die Hand, führt uns getrennt voneinander zu unseren Plätzen. Die Stimmen der Nonnen nehmen bereits jede Ecke der prunkvoll ausgestatteten Räume ein. Auf Altgriechisch singen sie. Ich verstehe kein Wort, aber der Gesang dringt tief in mein Herz und schenkt ihm eine unbeschreibliche Ruhe, ein Gefühl der Liebe. Der Boden aus Marmor in rosa und blau wird durchbrochen von feinen Mosaiken passend zu den Wänden. Das tiefe Königsblau und kräftiges Samtrot fasst die unzähligen gemalten Figuren ein, die dem Mittelpunkt, Christus selbst, zugewandt sind. Immer wieder betreten die Nonnen den Kirchenbereich, beten vor den glänzenden Ikonen.

Unser Blick schwenkt immer wieder umher. Bis in die Kuppel hinein, in der vier Engel ein Christusbild tragen, mit einem goldenen Kronleuchter, geprägt von goldenen Engeln und kunstvoll verzierten Kerzen. Der Geruch des Weihrauchs wird stärker, der Priester, der für die Messe aus dem benachbarten Männerkloster angereist ist, segnet die Besucher, der Gesang wird abgelöst durch ein Gebet. Nur annähernd können wir erahnen wie das Leben hier ist. Ein Leben, deren Tage um drei Uhr morgens im Sommer beginnen, geprägt sind mit Beten und Arbeiten. Mit Entbehrungen? „Nein“, sie lacht, „es ist Erfüllung!“

Foto: Hellas Bote

Nur ihre Kleidung hatte sie am Körper, als sie sich entschieden hat Nonne zu werden, ihr schmales Zimmer bezog mit einem Bett, einem Stuhl, einem kleinen Tisch und einer Kommode. Das Kloster stellt alles, was die Nonnen zum Leben benötigen. Drei bis vier Jahre dürfen die Frauen hier teilhaben, bevor sie sich für ein Leben in der Gemeinschaft entscheiden. Sie hat es nie bereut, mittlerweile ist auch ihre kleinere Schwester Teil des Ordens.

Sie begleitet uns nach der Liturgie zurück in den öffentlichen Teil, in welchem die Kapelle der Verkündung zum Gebet einlädt. Der steingepflasterte Vorhof ist gesäumt von Oliven, Pinien und Magnolien. Gäste werden mit einem Stück Loukoumi, einem Glas Wasser und einem griechischen Mokka begrüßt, lauschen den Berichten der Nonnen. Andere stöbern im umfangreichen Klosterladen, in dem eine große Auswahl selbst hergestellter Produkte angeboten wird. Für uns gibt es zum Abschied ein Marienbild und ein Bild des Klosters. Kaum lassen sich die Tränen zurückhalten, als sie mich fest drückt, uns ihren Segen mit auf unsere Reise gibt und uns einlädt jederzeit wieder zu kommen. Es war eine besondere, überwältigende Reise, die niedergeschrieben nicht annähernd das wieder gibt, was sie gegeben hat. Eine Reise, die unauslöschlich in das eigene Lebensbuch geschrieben wurde.

Erst 1974 wurde das Kloster reaktiviert, ist als Frauenkloster fest mit der Mönchsrepublik Athos verbunden in der Frauen verboten sind. Auch wenn die Damen nicht dorthin dürfen, so hält die Mönchsrepublik das eine oder andere Kloster außrhalb (auch für Frauen) in ihrem Besitz. Das Kloster zwischen Ormylia und Vatopedi ist selbst so groß wie ein Dorf. Beim Mokka „durchleuchten die Nonnen die Seele der Besucher“. Ein Besuch ist nur in angemessener Kleidung möglich. Keine Hosen bei Frauen sind erlaubt, die Röcke mindestens knielang, die Schultern bedeckt. Männer benötigen eine lange Hose und ein langärmeliges Shirt.

Foto: Hellas Bote

Bereits seit dem 13. Jahrhundert lag an dieser Stelle ein Klostergut. 1922 wurde es als Flüchtlingsherberge genutzt, danach verfielen die Gebäude. Heute eröffnet sich ein völlig restauriertes Kloster mit über 100 Frauen, die liebevoll gefertigte Handarbeiten und Ikonenmalereien präsentieren. Während die Männer auf Athos eher zurückgezogen leben, geht das karitative Wirken der Frauen über die Klostermauern hinaus, wirkt in ganz Nordgriechenland.

Der öffentliche Bereich des Klosters ist geöffnet dienstags, donnerstags und samstags im Oktober bis März von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr, April bis September von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Sonntags Oktober bis März von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr, April bis September von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr. Montag, Mittwoch und Freitag bleiben die Klostertüren verschlossen. (cs)