Fällt der Blick bei Elounda auf das Meer, so kann sich nicht jeder vorstellen, dass hier einmal eine ganze Stadt existierte, die nun den Schnorchelbegeisterten ihre letzten Geheimnisse offenbart. Bei sanftem Wellengang gibt das Meer jedoch auch Wanderern einen kleinen Eindruck frei auf die Ruinen von Olous.
Von Redakteurin Nadja Becker
Elounda/Kreta – Rund einen Kilometer östlich von Elounda und kurz hinter der Brücke zur Halbinsel Spinalonga, weisen die Windmühlen auf die versunkene Stadt Olous hin. Mit dem Blick zurück nach Elounda und die Oxa-Berge berichten nur noch wenige Überreste auf die Hafenstadt der dorischen Bergstadt Dreros hin. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Christus beherrschte sie den Norden um das heutige Napoli und war eine der rund hundert Städte, die in der minoischen Zeit auf Kreta existierten. Unter anderem mit eigenen Münzen (ab ca. 330 vor Christus) sowie einer autonomen Wasserversorgung sicherte sich Oulos ein stetiges Wachstum und bot über 30.000 Menschen ein Zuhause auf einer nur rund fünf Hektar großen Fläche.
Neben der Kapelle, wo heute Wellen über die berühmten Ruinen der Stadt schwappen, stand einst ein bekanntes Apollon-Heiligtum mit einer Bronzegruppe, welche Apollon, Artemis und Leto darstellt und heute im Archäologischen Museum in Iraklion zu besichtigen ist. Die Legenden erzählen von der Gottheit Britomartis. Ein Mädchen, welches von König Minos so begehrt wurde, dass sie vor ihm floh und sich in der Umgebung von Olous in das Meer stürzte. Doch Fischer fanden sie und ihre Qualen machten sie zur Göttin ihrer Stadt.
Ebenfalls Schatzsuchern ist diese Stadt nicht unbekannt, sollen die Einwohner doch hundert Brunnen gegraben und einen von ihnen aus Angst vor Piratenangriffen mit ihren kostbaren Habseligkeiten gefüllt haben. Im Laufe der Zeit wurden neunundneunzig Brunnen gefunden, doch der eine, der die kostbaren Schätze in sich trägt, ist bis heute im Schleier der Geschichte verschwunden. Ein Mythos? Wer weiß, denn tatsächlich geht hin und wieder jemand auf die Suche nach ihm.
Der Untergang der Stadt kam wahrscheinlich mit dem Versinken von Kretas Osten im 4. Jahrhundert nach Christus und zu der Zeit, als sich der Westen der Insel durch ein Verschieben der Platten anhob – allerdings gibt es ebenso Spekulationen über ein Erdbeben oder einen Vulkanausbruch. Heute ist die Halbinsel Spinalonga nur noch mit einem erhaltenen Isthmus mit Kreta selbst verbunden.
An diesem können zudem Reste venezianischer Salzgewinnungsanlagen besichtigt werden. Große Teile der städtischen Ruinen wurden von den Venezianern in eben diesen und der Festung Spinalonga verarbeitet. Übrig blieben Teile der Hafenanlagen, die heute unter Wasser liegen, wobei das Gebiert noch nicht vollständig archäologisch erfasst wurde und auch deshalb unter Schutz steht.
Auf dem Weg zur Kapelle lohnt sich ein Blick auf ein Bodenmosaik einer Basilika aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts nach Christus. Direkt hinter der dortigen Café-Bar führt ein kleiner Weg links hoch in das Grün und zu einem eingezäunten Bereich. Das Bodenmosaik, welches unter anderem Fische und geometrische Figuren zeigt, gehört zu den am besten erhaltenen Stücken dieser Art auf der gesamten Insel. Der heutige Name „Elounda“ fand in der versunkenen Stadt ihren Ursprung – hieß es doch ursprünglich „eis Olounda“ (nach Olounda). (nb)