Die Imbros-Schlucht, eine der beeindruckendsten Naturschönheiten Kretas, erstreckt sich über eine Länge von etwa 11 Kilometern im Süden der Insel. Sie beginnt im Dorf Imbros, das auf einer Höhe von etwa 780 Metern über dem Meeresspiegel liegt, und endet nahe der Küste im Dorf Komitades.
Von HB-Redakteurin Nadja Becker
Reisen/Kreta – Die Schlucht ist von steilen Kalksteinwänden gesäumt, die an manchen Stellen eine Höhe von bis zu 300 Metern erreichen. Im Durchschnitt ist die Schlucht etwa 2 bis 3 Meter breit, verengt sich jedoch an einigen Stellen auf nur wenige Meter.
Die Imbros-Schlucht entstand vor Millionen von Jahren durch tektonische Aktivitäten und die Erosion durch Wasser und Wind. Kreta liegt auf der Grenze zwischen der afrikanischen und der eurasischen Platte, was zu intensiven geologischen Prozessen führt. Die Bewegungen dieser Platten haben zur Hebung der Insel und zur Bildung von Gebirgsketten und Schluchten wie der Imbros-Schlucht geführt. Die Erosion durch Regenwasser und Flüsse hat die Gesteinsschichten über Jahrtausende hinweg abgetragen und die heutige Form der Schlucht geschaffen.

Heute ist die Imbros-Schlucht ein beliebtes Ziel für Wanderer und Naturfreunde. Sie ist weniger bekannt und überlaufen als die berühmte Samaria-Schlucht, bietet jedoch ebenso atemberaubende Landschaften und eine ruhigere Atmosphäre. Die Wanderung durch die Schlucht dauert in der Regel etwa 2 bis 3 Stunden und ist auch für weniger erfahrene Wanderer gut geeignet. Der Weg ist gut markiert und führt durch eine abwechslungsreiche Landschaft mit steilen Felswänden, engen Durchgängen und üppiger Vegetation.
Entlang des Weges gibt es zahlreiche Gelegenheiten, die beeindruckende Flora und Fauna Kretas zu bewundern. Besonders im Frühling blühen hier viele endemische Pflanzenarten, und mit etwas Glück kann man auch Greifvögel wie den seltenen Gänsegeier beobachten. Am Ende der Schlucht laden die Tavernen von Komitades zu einer wohlverdienten Pause ein, wo man traditionelle kretische Gerichte und die berühmte Gastfreundschaft der Einheimischen genießen kann.
Wie viele Orte auf Kreta, ist auch die Imbros-Schlucht reich an Mythologie und Legenden. Einer der bekanntesten Mythen besagt, dass die Schlucht einst von den antiken Göttern als Zufluchtsort genutzt wurde. Der Name „Imbros“ wird manchmal mit dem antiken griechischen Wort „imbrós“ in Verbindung gebracht, das „Regen“ bedeutet, was auf die häufigen Wasserflüsse und Quellen in der Region hinweisen könnte.
Eine andere Legende erzählt von den kretischen Rebellen, die die Schlucht während der osmanischen Herrschaft als Versteck und Fluchtweg nutzten. Aufgrund ihrer engen und unzugänglichen Passagen bot die Schlucht einen natürlichen Schutz vor Verfolgern. Diese Geschichten verleihen der Schlucht einen Hauch von Mystik und machen sie für Geschichts- und Mythologiebegeisterte besonders interessant. (nb)
