Griechisches Erbe auf Sizilien: Die antiken Stätten von Agrigent – Ein Fenster in die Welt von Akragas

Zwischen Olivenhainen und der südlichen Küste Siziliens erhebt sich eines der eindrucksvollsten Zeugnisse der antiken Welt: das „Tal der Tempel“ bei Agrigent. Was für viele Reisende heute ein malerischer Ausflug in die Geschichte ist, war vor über 2500 Jahren eine blühende Metropole der griechischen Kolonialwelt – Akragas, einst ein Leuchtturm der hellenischen Kultur in der Magna Graecia.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler

Reisen – Gegründet 582 v. Chr. durch griechische Siedler aus Gela und Rhodos, entwickelte sich Akragas binnen kurzer Zeit zur zweitmächtigsten griechischen Polis auf Sizilien – gleich nach Syrakus. Die Siege über feindliche Nachbarn wie Himera und das geschickte Netz aus Handel, Landwirtschaft und Architektur trugen dazu bei, dass sich Akragas zur „schönsten der sterblichen Städte“ (Pindar) emporhob.

Foto: Benoit_Brochet/Pixabay

Die antiken Tempel, die sich heute im sogenannten „Tal der Tempel“ (Valle dei Templi) aneinanderschmiegen, bezeugen eindrucksvoll diesen Glanz der Vergangenheit. Besonders der Concordiatempel, einer der besterhaltenen dorischen Tempel der griechischen Welt, ist ein Meisterwerk antiker Baukunst und ein Fenster in die Epoche der klassischen griechischen Kultur.

Theron, der berühmte Tyrann von Akragas, machte die Stadt im 5. Jahrhundert v. Chr. durch Monumentalbauten wie das Olympieion zu einem Symbol griechischer Stärke. Die Nähe zu Griechenland war nicht nur politisch und wirtschaftlich motiviert, sondern spiegelte sich in der Architektur, Philosophie und Religion wider. Hier lebte Empedokles, einer der bedeutendsten Philosophen der Antike, der das geistige Klima von Akragas prägte.

Die dorischen Säulen, die sich heute wie steinerne Wächter über das Tal erheben, waren mehr als Kultstätten – sie waren Symbole für das Selbstverständnis der Griechen auf Sizilien. Anders als die Marmorarchitektur Athens wurden die Tempel von Akragas aus Kalkstein errichtet und farbig gefasst, was dem Besucher damals wie heute einen lebendigen Eindruck der griechischen Baukultur vermittelt.

Auch Goethe fand in seiner Italienischen Reise berührende Worte für die Magie dieser Stätten, die ihn an das Ursprungsland der Philosophie und Ästhetik erinnerten – an Griechenland, das in Akragas ein leuchtendes Echo fand.

Seit 1997 gehören die archäologischen Stätten von Agrigent zum UNESCO-Weltkulturerbe – mit gutem Grund: Die Reihe der dorischen Tempel gilt als eine der vollständigsten archäologischen Landschaften des antiken Griechenlands außerhalb des griechischen Mutterlandes. Besucher aus aller Welt pilgern heute zu den Tempeln, um in die Geschichte der Griechen auf Sizilien einzutauchen.

Wer Griechenland liebt, muss Agrigent besuchen. Hier verschmelzen mediterrane Landschaft, antike Architektur und hellenistisches Erbe zu einem unvergesslichen Reiseerlebnis. In Akragas lebt das griechische Erbe weiter – als eindrucksvolles Zeugnis der kulturellen Strahlkraft, die das alte Griechenland weit über seine Küsten hinaus entfaltete.

Tipp für Reisende: Das Archäologische Museum von Agrigent und aktuelle Ausgrabungen bieten zusätzliche Einblicke in das Leben der alten Griechen auf Sizilien – ein Muss für Kulturinteressierte, Archäologieliebhaber und Geschichtsreisende gleichermaßen. (sk)

Foto: Tuan Manh Nguyen/Pixabay