Der schneeweiße Schatz der Ägäis: Thassos-Marmor

Auf der griechischen Insel Thassos, eingebettet im nördlichen Teil der Ägäis, wird seit Jahrhunderten ein besonderer Schatz geborgen: der Thassos-Marmor. Dieser Marmor, bekannt für seine strahlend weiße Farbe und kristalline Struktur, zählt zu den begehrten Natursteinen Europas und Kleinasiens.
Von HB-Redakteurin Soula Dimitriou

Geschichte – Die Entstehung des Thassos-Marmors geht auf Kalksedimente aus der Jura- und Kreidezeit zurück. Durch tektonische Aktivitäten im Tertiär wurden diese Sedimente metamorph überprägt, was zur Bildung des heutigen Marmors führte. Der Marmor zeichnet sich durch eine Korngröße von 0,6 bis 2 Millimetern aus und enthält gelegentlich Mineralien wie Muskovit und Quarz. Typisch sind kleine Hohlräume von wenigen Millimetern.

Der Abbau des Thassos-Marmors lässt sich bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen. In der Antike wurden vor allem küstennahe Steinbrüche genutzt, um den Transport zu erleichtern. Der Marmor fand Verwendung in Sarkophagen, Statuen und Säulen, die in das gesamte Römische Reich exportiert wurden, darunter nach Südgriechenland, in die Ägäis, den Nahen Osten und Nordafrika. Besonders der Dolomit-Marmor aus Vathi war für seine Härte und Säurebeständigkeit geschätzt und wurde von italienischen Bildhauern als „Marmo Greco duro“ bezeichnet .

Nach einer Phase des Niedergangs im 17. Jahrhundert erlebte der Marmorabbau auf Thassos im späten 19. Jahrhundert eine Renaissance. Heute gehört der Thassos-Marmor neben Vorkommen in Drama und Kavala zu den bedeutendsten Exportgütern Griechenlands. Die Region stellt etwa 80 Prozent der gesamten griechischen Marmorproduktion.

Der moderne Abbau konzentriert sich auf Steinbrüche im nordöstlichen Teil der Insel, insbesondere im Saliara-Gebiet und bei Theologos. Die jährliche Produktion lag 1995 bei 60.000 m³ Dolomitmarmor und 4.000 m³ Calcit-Marmor. Die hochwertigste Sorte, bekannt als „Snow of Thassos“, besticht durch ihre Reinheit und hohe Reflexionskraft und zählt zu den bedeutendsten Exportartikeln Griechenlands. Der Marmor findet vielfältige Anwendungen, von Innenausstattungen über Kunstobjekte bis hin zu repräsentativen Treppenanlagen, Bädern und Designerobjekten.

Die Steinbrüche auf Thassos sind nicht nur industriell bedeutsam, sondern auch kulturelle Sehenswürdigkeiten. Antike Abbaustätten wie bei Aliki und Kap Vathi zeugen von der langen Tradition des Marmorabbaus und sind heute beliebte Ausflugsziele für Touristen, die die Verbindung von Natur und Geschichte erleben möchten. (sd)

Foto: margitvorberger/Pixabay

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