Luftwaffe gegen das Feuer – Die Air Tractor AT-802 „Fire Boss“ im griechischen Waldbrandeinsatz

Mit dem dramatischen Anstieg von Vegetationsbränden in Südeuropa hat sich in Griechenland eine neue Klasse von Luftfahrzeugen bewährt: Die Air Tractor AT-802 „Fire Boss“.
Von HB-Redakteur Dietmar Thelen

Aktuell – Als Amphibienflugzeug konzipiert, vereint sie die Eigenschaften eines robusten Agrarflugzeugs mit hochspezialisierten Löschfähigkeiten. In den letzten Jahren hat sich dieses wendige, effiziente Flugzeug zu einem unverzichtbaren Bestandteil der griechischen Waldbrandbekämpfung entwickelt – insbesondere in einem Land, in dem jedes Jahr tausende Hektar Waldfläche durch Flammen bedroht werden.

Foto: Hellas-Bote

Die Wurzeln der AT-802 liegen in den USA, wo sie ursprünglich für großflächige Agrararbeiten entwickelt wurde. Ihre Löschversion, die AT-802F, wurde speziell für Brandbekämpfung modifiziert. Die „Fire Boss“-Variante – wie sie auch in Griechenland im Einsatz steht – ist darüber hinaus mit Schwimmern vom Typ Wipaire 10000 ausgestattet. Dadurch kann das Flugzeug auf Binnengewässern, Seen oder ruhigen Küstenabschnitten landen, dort innerhalb von Sekunden Wasser aufnehmen und direkt zum Brandherd zurückkehren. Dieser Fähigkeit verdankt die Fire Boss ihre große Einsatzhäufigkeit in Regionen mit vielen natürlichen Wasserquellen – ein geografischer Vorteil, den Griechenland in vielen Teilen bietet, etwa auf dem Festland oder auf den größeren Inseln wie Euböa oder Kreta.

Mit einer Spannweite von 18 Metern, einer Rumpflänge von knapp 11 Metern und einem maximalen Abfluggewicht von über 7 Tonnen zählt die Fire Boss zu den größten einsitzigen Löschflugzeugen der Welt. Sie wird von einem kraftvollen PT6A-67F-Turboprop-Triebwerk von Pratt & Whitney angetrieben, das ihr rund 1.600 PS zur Verfügung stellt. Damit erreicht das Flugzeug eine Reisegeschwindigkeit von rund 350 km/h und bleibt zugleich extrem manövrierfähig in niedrigen Höhen – genau dort, wo Präzision beim Löschwasserabwurf entscheidend ist.

Bis zu 3.100 Liter Wasser oder Feuerhemmer (sogenannter „retardant“) können in einem zentralen Rumpftank mitgeführt werden. Der Clou liegt jedoch in der Geschwindigkeit der Zyklen: Innerhalb von etwa 12 bis 15 Sekunden kann das Flugzeug während eines Gleitflugs über eine Wasseroberfläche den Tank erneut befüllen. Dieser Prozess, auch „scooping“ genannt, erlaubt eine hohe Taktfrequenz, wie sie in Griechenland bei simultan auftretenden Brandherden dringend erforderlich ist. Bei einem Brand auf der Halbinsel Peloponnes etwa war eine Staffel Fire Boss-Maschinen in der Lage, innerhalb einer Stunde bis zu 20 Wassereinsätze zu fliegen – ein Wert, den größere Flugzeuge aufgrund ihrer langsamen Zyklen und längeren Ladezeiten nicht erreichen können.

In Griechenland werden die Fire Boss-Flugzeuge sowohl von staatlichen Stellen als auch über Leasingverträge mit internationalen Anbietern betrieben. Besonders in der Hochsaison von Juni bis September sind zahlreiche Maschinen mit australischer oder US-amerikanischer Registrierung – wie die auf dem Foto sichtbaren „VH-FAA“ und „VH-FMH“ – auf griechischem Boden stationiert. Sie operieren oft in Kooperation mit der griechischen Zivilschutzbehörde und der Feuerwehr (Πυροσβεστικό Σώμα), koordiniert über ein landesweites Luftunterstützungsnetz. Dabei kommen sie nicht nur im Erstangriff zum Einsatz, sondern auch zur gezielten Nachlöscharbeit, um erneute Brandausbreitung zu verhindern.

Ein weiterer Vorteil des Fire Boss ist seine einfache Wartbarkeit. Die Maschine ist bewusst simpel konstruiert, mit robuster Aluminiumstruktur, wartungsfreundlicher Technik und einem Triebwerk, das sich weltweit bewährt hat. Das macht sie für Griechenland, das über eine vergleichsweise kleine militärische Logistik im Bereich der Luftbrandbekämpfung verfügt, besonders attraktiv.

Trotz ihrer zivilen Herkunft hat sich die Fire Boss in Griechenland auch in militärisch unterstützten Operationen bewährt. Die Hellenische Luftwaffe stellt in kritischen Phasen Infrastruktur, Radarunterstützung und gelegentlich auch Vorfeldlogistik bereit – besonders dann, wenn internationale Staffeln auf temporären Einsatzbasen wie Tatoi, Andravida oder Kalamata stationiert werden. In jüngster Zeit wurden Fire Boss-Flugzeuge sogar an strategischen Punkten wie den Inseln Limnos und Rhodos stationiert, um auch abgelegene Regionen schnell erreichen zu können.

Die Kombination aus Flexibilität, Effizienz und vergleichsweise geringen Betriebskosten hat die Fire Boss in Griechenland zu einem Symbol der modernen Waldbrandbekämpfung gemacht. In einem Land, das regelmäßig am Limit seiner Ressourcen operieren muss, steht dieses Flugzeug für ein neues Kapitel: Luftunterstützung, die nicht auf Masse, sondern auf Präzision und Taktfrequenz setzt – ganz im Sinne einer Luftwaffe gegen das Feuer. (dt)

Foto: Hellas-Bote