Vom antiken Bithia zum heutigen Teulada: Eine sardische Zeitreise

Teulada, ein charmantes Städtchen im Südwesten Sardiniens, birgt eine faszinierende Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Die heutige Gemeinde mit knapp 3.500 Einwohnern liegt eingebettet in die hügelige Landschaft der Provinz Südsardinien, nicht weit von den türkisblauen Buchten der Costa del Sud entfernt.
Von HB-Redakteur Dietmar Thelen

Magazin/Sardinien – Die Ursprünge des Ortes reichen vermutlich bis zur punischen Zeit zurück – archäologische Funde belegen, dass sich bereits in der Antike Menschen in dieser Gegend niederließen. Besonders der Küstenbereich nahe der heutigen Stadt war früher ein wichtiger Ort, wie die Reste der punischen Stadt Bithia in der Nähe von Chia zeigen. In römischer Zeit wurde die Siedlung weiterentwickelt, was sich unter anderem in Bauwerken und Straßenstrukturen widerspiegelt, die teilweise bis heute unter der Erde schlummern.

Foto: Hellas-Bote

Die heutige Ortschaft Teulada, die im 14. Jahrhundert gegründet wurde, trägt ihren Namen jedoch erst seit dem Mittelalter. Das Zentrum, wie es sich heute dem Besucher präsentiert, ist geprägt von einer ruhigen, authentischen Atmosphäre und zeichnet sich durch seine für Sardinien typischen engen Gassen, verwinkelten Häuser und den zentralen Kirchplatz aus. Die Pfarrkirche San Isidoro, ursprünglich aus dem 17. Jahrhundert, wurde im 18. und 19. Jahrhundert mehrfach restauriert und ist ein bedeutendes religiöses Wahrzeichen der Gemeinde. In der Architektur der Stadt mischt sich bäuerlich-sardische Bautradition mit Elementen spanischer Einflüsse, ein Erbe aus der Zeit, als Sardinien unter der Herrschaft der Krone von Aragon stand.

Im 19. Jahrhundert wurde Teulada wie viele sardische Gemeinden durch die agrarische Lebensweise geprägt. Die Bevölkerung lebte vor allem von der Landwirtschaft, der Viehzucht und dem Fischfang. Noch heute spielt die Natur eine zentrale Rolle für das Selbstverständnis der Stadt: Die umliegenden Landschaften mit ihren Korkeichenwäldern, Olivenhainen und wilden Macchia-Zonen sind nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch reich an Flora und Fauna. Der Küstenstreifen rund um Teulada zählt mit seinen traumhaften Stränden – etwa Tuerredda oder Porto Tramatzu – zu den schönsten der Insel und zieht Naturliebhaber wie Sonnenanbeter gleichermaßen an. Gleichzeitig ist ein Teil der Küste militärisches Sperrgebiet, was dazu beigetragen hat, dass große Areale unberührt und ökologisch intakt geblieben sind.

Foto: Hellas-Bote

Die Bevölkerung pflegt ihre Traditionen mit großer Hingabe. Jedes Jahr im Mai findet das Fest zu Ehren des heiligen Isidor, des Schutzpatrons der Landwirte, statt, bei dem historische Trachten, Musik und Prozessionen die Straßen beleben. Die tiefe religiöse Verwurzelung und der Stolz auf das eigene kulturelle Erbe spiegeln sich in solchen Festlichkeiten eindrucksvoll wider. Ebenso wichtig ist die sardische Sprache: In Teulada wird neben Italienisch auch Campidanesisch gesprochen, ein Dialekt, der eng mit den historischen Identitäten der Region verbunden ist.

Eine kleine, aber bedeutende Episode der jüngeren Geschichte ist die Teilnahme Teuladas am Widerstand gegen den Faschismus während des Zweiten Weltkriegs. Einige Bürger unterstützten Partisanenbewegungen, während die Region insgesamt stark unter der Isolation und wirtschaftlichen Not der Kriegsjahre litt. Erst in den Nachkriegsjahrzehnten begann mit dem aufkommenden Tourismus ein neuer wirtschaftlicher Aufschwung. Heute lebt die Region von einer Mischung aus Landwirtschaft, Fischerei, Dienstleistungen und zunehmend dem sanften Tourismus, der sich eng an den naturnahen Reichtümern der Gegend orientiert.

Teulada ist somit nicht nur ein Ort von landschaftlicher Schönheit, sondern auch ein lebendiges Zeugnis sardischer Geschichte und Identität. Wer hierher reist, erlebt weit mehr als Sonne und Meer – er begegnet einem tief verwurzelten kulturellen Erbe, das sich in der Sprache, in den Gesichtern der Menschen und im stillen Stolz auf eine lange Geschichte widerspiegelt. (dt)

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