An der nordwestlichen Spitze der Insel Sant’Antioco, eingebettet in das azurblaue Meer des südwestlichen Sardiniens, liegt Calasetta – ein Ort, der Geschichte, Kultur und mediterrane Lebensfreude auf einzigartige Weise vereint.
Von HB-Redakteur Dietmar Thelen
Weltweit/Sardinien – Die Wurzeln Calasettas reichen zurück bis ins Jahr 1770, als 38 ligurische Familien von der tunesischen Insel Tabarka hier eine neue Heimat fanden. Diese sogenannten „Tabarchini“ hatten zuvor zwei Jahrhunderte lang auf Tabarka gelebt, wo sie sich dem Korallenfang und Handel widmeten. Aufgrund politischer Umbrüche und wirtschaftlicher Herausforderungen suchten sie Zuflucht und fanden sie auf Sardinien. König Karl Emanuel III. von Savoyen unterstützte ihre Ansiedlung auf Sant’Antioco, wo sie das heutige Calasetta gründeten.

Die Stadt wurde von dem piemontesischen Ingenieur Pietro Belly im Schachbrettmuster geplant, was ihr bis heute ein geordnetes Erscheinungsbild verleiht. Der Name „Calasetta“ leitet sich von „Cala di Seta“ ab, was so viel wie „Seidenbucht“ bedeutet – ein Hinweis auf die einstige Bedeutung des Ortes für den Handel.
Calasetta ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen. Die ligurischen Wurzeln der Tabarchini sind bis heute spürbar, insbesondere in der lokalen Sprache, dem Tabarchino – einem ligurischen Dialekt, der hier noch von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung gesprochen wird. Diese Sprache wird in den Schulen unterrichtet und steht unter dem Schutz der autonomen Region Sardinien.
Die kulturelle Vielfalt zeigt sich auch in den traditionellen Festen des Ortes. Das Fest zu Ehren von San Maurizio, dem Schutzpatron Calasettas, wird jedes Jahr im September mit Prozessionen, Musik und Tanz gefeiert. Ein weiteres Highlight ist das Sommerfestival, das Konzerte, Theateraufführungen und Kunstausstellungen bietet und sowohl Einheimische als auch Besucher begeistert.

Die Küche Calasettas ist ein Spiegelbild seiner Geschichte. Hier verschmelzen sardische, ligurische und nordafrikanische Einflüsse zu einer einzigartigen kulinarischen Tradition. Ein typisches Gericht ist der Tabarchino-Couscous mit Fisch und Gemüse, der die nordafrikanischen Wurzeln der Tabarchini widerspiegelt. Auch die Burrida, ein Fischeintopf mit Walnüssen und Essig, sowie die süßen Seadas, frittierte Teigtaschen mit Käse und Honig, sind lokale Spezialitäten. Besonders hervorzuheben ist der Weinbau in Calasetta. Die Carignano-Traube, die von den piemontesischen Kolonisten eingeführt wurde, gedeiht hier auf sandigen Böden besonders gut. Die Weine, insbesondere der Carignano del Sulcis DOC, sind bekannt für ihren reichen Geschmack und ihre hohe Qualität.
Calasetta bietet eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten. Der historische Wachturm „Torre di Calasetta“, der im 18. Jahrhundert zum Schutz vor Piraten erbaut wurde, ist ein markantes Wahrzeichen des Ortes. Die Strände Spiaggia Grande, Le Saline und Sottotorre laden mit ihrem weißen Sand und dem klaren Wasser zum Entspannen ein. Ein besonderes Naturerlebnis bietet der Leuchtturm Faro Mangiabarche, der auf einer kleinen Klippe im Meer thront und besonders bei Sonnenuntergang ein beliebtes Fotomotiv ist. (dt)

